Nick Knatterton will eigentlich einen ganz ruhigen Abend
verbringen als unerwartet das Telefon klingelt. Ein spitzer Schrei am anderen
Ende der Leitung lässt die Vermuten zu, dass es sich um einen neuen Fall für
den Meisterdetektiv handelt, was noch durch einen durchs Fenster geworfenen
Stein und einen Pistolenschuss in seinen künstlichen Hinterkopf aus Hartholz
unterstrichen wird. Grund genug also für Nick sich mit der Entführung von
Evelyn Nylon durch finstere kriminelle Elemente zu interessieren…
So beginnt, grob gesagt, das erste Abenteuer des Meisterdetektivs
aus der Feder von Manfred Schmidt, der damit nicht nur dem Magazin in Zukunft
eine hohe Auflagenzahl beschert hat, sondern auch bis Ende der 50er Jahre im
wöchentlichen Rhythmus weitere Strips mit den Erlebnissen Knattertons veröffentlichen
wird. Inspiriert wurde Schmidt dabei eindeutig von Sherlock Holmes und den
zahlreichen Agentengeschichten, die in den 50er Jahren viele Leser fesselten.
Bereits einige Zeit bevor Ian Fleming im englischen Sprachraum mit seiner
Schöpfung James Bond für Furore sorgte, bedient sich Knatterton bereits
zahlreichen Gadgets aus seinem nicht gerade kleinen Repertoire. Aber die
Technik allein macht keinen Helden, denn Nick verlässt sich mehr auf seinen
messerscharfen Verstand sowie auf seine physische Konstitution, mit der er
manchen Gangster ins Land der Träume schickt. Hinzu kommt natürlich auch sein
Schlag bei Frauen, von denen keine so richtig böse auf ihn sein kann.
Nach eigenen Angaben wurde Manfred Schmidt hauptsächlich
durch die von den Amerikanern importierten Comicheften wie Superman
beeinflusst. Zwar hat er bei Nick Knatterton auf jegliche Superkräfte verzichtet,
aber dennoch hat er sich stark am Erzählstil seiner US-Kollegen orientiert.
Auch Parallelen zu Detektiven wie Dick Tracy sind eindeutig erkennen; nicht
zuletzt auch am markanten Profil der beiden Helden. Was ihn allerdings von
seinen Vorbildern unterscheidet ist der zarte Einsatz von Erotik in seinen
Geschichten. Alle seine weiblichen Figuren zeichnen sich durch gut verteilte
Proportionen aus und mit gekonntem Strich verpasst er ihnen nette Dekolletés,
die im prüden Deutschland des Wirtschaftswunders für den ein oder anderen
kleinen Skandal sorgten. Einmal war Manfred Schmidt sogar gezwungen seine
Zeichnungen zu „entschärfen“, was er sehr geschickt machte. Die eigentliche
Intension einer Landschaft, die bei genauem Hinschauen einer nackten Frau nahe
kam, blieb erhalten.
Klar, mit solchen Kleinigkeiten kann man heute keinen Hund
mehr hinter dem Ofen hervorlocken, dennoch versprühen die insgesamt 18 in sich
abgeschlossenen Geschichten immer noch eine Menge Humor für den geneigten
Leser. Dabei werden sogar einige Ideen vorweg genommen, von denen viele heute
als gängige Klischees gelten. Aber Nick Knatterton ist nicht nur ein
Comicstrip, der wöchentlich in einer Illustrierten erschienen ist. Vielmehr
stellt er eines der ersten großen Comicphänomene in der jungen Bundesrepublik
dar.
Schon nach zwei Jahren hatte sich die Serie zu einem
richtigen Medienknaller entwickelt. Das Gesicht Knattertons zierte zahlreiche Merchandiseartikel
wie Masken, Bausätze, Anzeigen und viele andere Dinge. Es wurde sogar ein
Kinofilm mit Karl Liefen und Gerd Fröbe gedreht, der allerdings nicht wenig mit
der Vorlage gemein hatte. Lange Zeit später produzierte Manfred Schmitt selbst
noch eine Zeichentrickserie rund um den Meisterdetektiv, in der die bekannten
Abenteuer einer neuen Generation bekannt gemacht wurden.
Im Verlauf der 50er Jahre hatte Schmidt mehrmals versucht
sich von Knatterton zu lösen, leider mit wenig Erfolg. Nach seinen eigenen
Worten kam ihm seine Psyche zur Hilfe, denn irgendwann verweigerte seine
Zeichenhand den Dienst den Meisterdetektiv zu Papier zu bringen. 1958 erschien
in Quick dann auch das letzte Abenteuer von Nick Knatterton, womit auch das
Phänomen langsam ein Ende fand. Aber richtig vergessen wurde er eigentlich nie…
Die Gesamtausgabe aus dem Lappan Verlag vereinigt alle
Abenteuer Knattertons in einem Band, wobei man sich hier an den zahlreichen
Ausgaben aus anderen Verlagen bediente. Neben einem sehr interessanten Vorwort
von Manfred Schmidt, in dem er auf subtile Weise auf seine Schöpfung eingeht,
werden die Strips in einer Größe geboten, die dem sehr detailverliebten Stil
des Zeichners gerecht werden. Der Humor mag ein wenig angestaubt sein, die
eindeutigen Zweideutigkeiten aus heutiger Sicht etwas naiv, aber dennoch haben
die Strips nichts von ihrem Flair verloren. Vielmehr muss man feststellen wie
sehr Schmidts Nick Knatterton als Vorbild für viele andere deutsche
Comiczeichner gedient hat. An dem Meisterdetektiv kommt man eben nur schwer
vorbei, auch wenn er vielleicht heute nicht mehr so bekannt ist wie in den
1950ern. Lesenswert ist er immer noch.
Nick Knatterton
Alle aufregenden Abenteuer des berühmten Meisterdetektivs
von Manfred Schmidt
erschienen im Lappan Verlag in den Jahren 2007 & 2012
ISBN: 978-3-8303-3152-0
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