Der junge Abraham Lincoln verliert bereits im Teenageralter seine Mutter. Die Gründe
ihres Todes bleiben rätselhaft, denn kein Arzt kann den Grund der schweren
Krankheit ausfindig machen, der sie dahin gerafft. Nur Abe weiß, was geschehen
ist, denn er hat beobachtet wie ein Vampir seine Mutter gebissen und damit
verseucht hat. In dem Jungen reift der Gedanke der Rache. Aber er will nicht
nur das Monster zur Strecke bringen, das ihm so viel Leid gebracht hat, sondern
das lichtscheue Blutsaugergesindel komplett aus Amerika vertreiben. Er schwört von
nun an Jagd auf Vampire zu machen und fängt an sich zu trainieren. Aber so leicht
machen es ihm die Blutsauger nicht, denn sie sind nicht gerade leicht zu
finden, wie er feststellen muss. Zwar bringt er den Mörder seiner Mutter zur
Strecke, aber schon bei seinem nächsten Treffen muss er feststellen, wie sehr
er seinen Gegner unterschätzt hat. Nur knapp entkommt er dem Tod und wenn der
erfahrene Vampir Henry Sturges nicht gewesen wäre, wäre der junge Lincoln
Geschichte gewesen. Henry nimmt sich des Jungen an, um ihn in die richtige
Richtung zu trainieren. Danach tut er sogar noch mehr: Er nennt Abe sogar
potentielle Ziele, damit dieser in Form bleibt und weiterhin seine Rachegelüste
ausleben kann. Doch irgendwann stellt sich Lincoln die Frage, welchen Zweck
sein unsterblicher Freund mit dieser Vorgehensweise verfolgt? Er findet
außerdem heraus, wie sehr die Vampire von der ihm so verhassten Sklaverei im
Süden der USA profitieren. Gezielt setzen sie ihren politischen Einfluss ein,
damit der Status Quo gewahrt bleibt; auch wenn ein stetiger Riss wegen der
Sklavenfrage durch die junge Nation geht. Abraham beginnt mehr aus Zufall
heraus eine politische Karriere, die anfangs nicht von großem Erfolg gekrönt
ist, sich aber im Laufe seines Lebens sehr gut entwickelt. In seiner Zeit in
Washington bemerkt er allerdings, dass hinter der normalen Fassade des Senats
ganz andere Machtbestrebungen im Gange sind. Es handelt sich dabei um
Bestrebungen, die die junge USA auf eine Zerreißprobe stellen und gleichzeitig
einen der blutigsten Konflikte auf dem Kontinent hervorrufen wird: den
amerikanischen Bürgerkrieg….
Nach seinem Roman Stolz und
Vorurteil und Zombies wendet sich Autor Seth Grahame-Smith einer der
schillerndsten Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte zu: Abraham
Lincoln. Die Idee, dass er nicht nur der sechzehnte Präsident der USA war,
sondern auch ein Vampirjäger besitzt eine gewisse Originalität, die einen großen
Reiz besitzt. Geschickt verwebt Grahame-Smith historische Fakten aus der
Biografie des Präsidenten mit einer plausiblen Motivation für die Jagd auf
Vampire durch ihn. Dem Autor gelingt es Elemente des historischen Roman mit
denen des klassischen Schauerromans zu vermischen und gibt letztlich dann noch
einen Schuss Verschwörungstheorien hinzu, was dem Buch noch eine besondere Note
verleiht. Als besonderer Glücksgriff ist der ungewöhnliche Erzählstil
Grahame-Smiths. Da dieser Romain auf den verschollenen Tagebüchern Lincolns
basiert, kommt dieser über weite Passagen mit seinen eigenen Aufzeichnungen
selbst zu Wort. Dies erweist sich für den weiteren Handlungsverlauf mehr als
vorteilshaft, denn der Präsident stellt seine Abenteuer sehr detailliert und
persönlich dar.
Abraham Lincoln – Vampirjäger
beleuchtet nicht nur einen Zeitabschnitt im Leben des späteren
Präsidenten, sondern stellt vielmehr
eine außergewöhnliche, fiktive Biografie mit vielen persönlichen Elementen dar.
Schon auf den ersten Seiten des Buches bemerkt der Leser wie genau der Autor
seine geschichtlichen Hausaufgaben gemacht hat. Grahame-Smith vermag es
meisterhaft die historisch gegebenen Fakten mit seiner Romanhandlung zu
verbinden. Dabei verzichtet er auf jede romantische Weichzeichnerei, sondern
wartet oft mit richtig bösen Vampiren auf, die den Mensch nur als reine Beute
sehen. Ein wohltuender Unterschied zu manchen romantisch angehauchten
Vampirromanen der letzten Zeit.
Grahame-Smith Roman überzeugt über weite Strecken durch historische
Nüchternheit. Zwar beschreibt Lincoln seine Jagden sehr detailliert und
grafisch, bleibt aber immer etwas auf Abstand, damit ihn der Schrecken seiner
Taten vielleicht einholt. So wird aus Abraham Lincoln – Vampirjäger nicht nur
ein ungewöhnlicher phantastischer Roman, sondern er ist auch einer der besseren
Genrebeiträge der letzten Zeit, der unbedingt lesenswert ist und jede Menge
Spaß macht.
Dies hat übrigens auch Hollywood erkannt und die Verfilmung des Romans
nach dem Drehbuch des Autors wird, produziert von Tim Burton, im Verlauf des
Jahres 2012 in die Kinos kommen. Es bleibt dabei zu hoffen, dass diese Version
des Stoffes ihrem Vorbild gerecht wird, was bei anderen Romanverfilmungen oft
nicht der Fall ist.
Abraham Lincoln – Vampirjäger
von Seth Grahame-Smith
erschienen im Heyne Verlag im Juni 2011