Sonntag, 29. April 2012

Abraham Lincoln - Vampirjäger von Seth Grahame-Smith


Abraham Lincoln - Vampirjäger von Seth Grahame-Smith
Der junge Abraham Lincoln verliert bereits im Teenageralter seine Mutter. Die Gründe ihres Todes bleiben rätselhaft, denn kein Arzt kann den Grund der schweren Krankheit ausfindig machen, der sie dahin gerafft. Nur Abe weiß, was geschehen ist, denn er hat beobachtet wie ein Vampir seine Mutter gebissen und damit verseucht hat. In dem Jungen reift der Gedanke der Rache. Aber er will nicht nur das Monster zur Strecke bringen, das ihm so viel Leid gebracht hat, sondern das lichtscheue Blutsaugergesindel komplett aus Amerika vertreiben. Er schwört von nun an Jagd auf Vampire zu machen und fängt an sich zu trainieren. Aber so leicht machen es ihm die Blutsauger nicht, denn sie sind nicht gerade leicht zu finden, wie er feststellen muss. Zwar bringt er den Mörder seiner Mutter zur Strecke, aber schon bei seinem nächsten Treffen muss er feststellen, wie sehr er seinen Gegner unterschätzt hat. Nur knapp entkommt er dem Tod und wenn der erfahrene Vampir Henry Sturges nicht gewesen wäre, wäre der junge Lincoln Geschichte gewesen. Henry nimmt sich des Jungen an, um ihn in die richtige Richtung zu trainieren. Danach tut er sogar noch mehr: Er nennt Abe sogar potentielle Ziele, damit dieser in Form bleibt und weiterhin seine Rachegelüste ausleben kann. Doch irgendwann stellt sich Lincoln die Frage, welchen Zweck sein unsterblicher Freund mit dieser Vorgehensweise verfolgt? Er findet außerdem heraus, wie sehr die Vampire von der ihm so verhassten Sklaverei im Süden der USA profitieren. Gezielt setzen sie ihren politischen Einfluss ein, damit der Status Quo gewahrt bleibt; auch wenn ein stetiger Riss wegen der Sklavenfrage durch die junge Nation geht. Abraham beginnt mehr aus Zufall heraus eine politische Karriere, die anfangs nicht von großem Erfolg gekrönt ist, sich aber im Laufe seines Lebens sehr gut entwickelt. In seiner Zeit in Washington bemerkt er allerdings, dass hinter der normalen Fassade des Senats ganz andere Machtbestrebungen im Gange sind. Es handelt sich dabei um Bestrebungen, die die junge USA auf eine Zerreißprobe stellen und gleichzeitig einen der blutigsten Konflikte auf dem Kontinent hervorrufen wird: den amerikanischen Bürgerkrieg….

Nach seinem Roman Stolz und Vorurteil und Zombies wendet sich Autor Seth Grahame-Smith einer der schillerndsten Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte zu: Abraham Lincoln. Die Idee, dass er nicht nur der sechzehnte Präsident der USA war, sondern auch ein Vampirjäger besitzt eine gewisse Originalität, die einen großen Reiz besitzt. Geschickt verwebt Grahame-Smith historische Fakten aus der Biografie des Präsidenten mit einer plausiblen Motivation für die Jagd auf Vampire durch ihn. Dem Autor gelingt es Elemente des historischen Roman mit denen des klassischen Schauerromans zu vermischen und gibt letztlich dann noch einen Schuss Verschwörungstheorien hinzu, was dem Buch noch eine besondere Note verleiht. Als besonderer Glücksgriff ist der ungewöhnliche Erzählstil Grahame-Smiths. Da dieser Romain auf den verschollenen Tagebüchern Lincolns basiert, kommt dieser über weite Passagen mit seinen eigenen Aufzeichnungen selbst zu Wort. Dies erweist sich für den weiteren Handlungsverlauf mehr als vorteilshaft, denn der Präsident stellt seine Abenteuer sehr detailliert und persönlich dar.

Abraham Lincoln – Vampirjäger beleuchtet nicht nur einen Zeitabschnitt im Leben des späteren Präsidenten,  sondern stellt vielmehr eine außergewöhnliche, fiktive Biografie mit vielen persönlichen Elementen dar. Schon auf den ersten Seiten des Buches bemerkt der Leser wie genau der Autor seine geschichtlichen Hausaufgaben gemacht hat. Grahame-Smith vermag es meisterhaft die historisch gegebenen Fakten mit seiner Romanhandlung zu verbinden. Dabei verzichtet er auf jede romantische Weichzeichnerei, sondern wartet oft mit richtig bösen Vampiren auf, die den Mensch nur als reine Beute sehen. Ein wohltuender Unterschied zu manchen romantisch angehauchten Vampirromanen der letzten Zeit.

Grahame-Smith Roman überzeugt über weite Strecken durch historische Nüchternheit. Zwar beschreibt Lincoln seine Jagden sehr detailliert und grafisch, bleibt aber immer etwas auf Abstand, damit ihn der Schrecken seiner Taten vielleicht einholt. So wird aus Abraham Lincoln – Vampirjäger nicht nur ein ungewöhnlicher phantastischer Roman, sondern er ist auch einer der besseren Genrebeiträge der letzten Zeit, der unbedingt lesenswert ist und jede Menge Spaß macht.

Dies hat übrigens auch Hollywood erkannt und die Verfilmung des Romans nach dem Drehbuch des Autors wird, produziert von Tim Burton, im Verlauf des Jahres 2012 in die Kinos kommen. Es bleibt dabei zu hoffen, dass diese Version des Stoffes ihrem Vorbild gerecht wird, was bei anderen Romanverfilmungen oft nicht der Fall ist.

Abraham Lincoln – Vampirjäger
von Seth Grahame-Smith
erschienen im Heyne Verlag im Juni 2011
ISBN: 978-3-453-52832-1

Die Rezension entstand mit freundlicher Unterstützung von fictionfantasy.de

Sonntag, 22. April 2012

Der Krieg der Welten von H. G. Wells


Gegen Ende des 19. Jahrhunderts geschieht das Unfassbare: Invasoren aus dem Weltall fallen in metallenen Zylindern über die Erde her. Es handelt sich dabei um Bewohner des Planeten Mars, deren Neid auf die Schätze der Erde so groß ist, dass sie eine Invasionsarmee schicken, um den Planeten für sich zu erobern. Immerhin bietet der Nachbar alles, was man braucht: Wasser, Luft und Futter in rauen Mengen.

Rigoros gehen die Marsianer mit ihren dreibeinigen Kampfmaschinen gegen die Menschen vor. Keine Armee scheint die aufhalten zu können und alle Hoffnung für ein Überleben gehen in Schutt und Asche unter...

H. G. Wells Roman Der Krieg der Welten hat auch mehr als einhundert Jahre nach seiner Entstehung nichts von seinem Reiz verloren. Hier zum ersten Mal eines der großen Klischees der Science Fiction bedient, den Invasionsroman. Seitdem hat es zahllose mehr oder weniger gelungene Versionen oder Imitationen des Stoffes in verschiedenen Medien gegeben, doch nur wenige besitzen die Intensität des Originals. Wells bringt die Hilflosigkeit gegenüber einem gnadenlos überlegenen Gegner genau auf den Punkt, wobei im Grunde genommen die Marsianer vollkommen austauschbar sind. So wird auch schnell die eigentliche Botschaft des Romans deutlich, denn man fühlt oft an die radikale Kolonisationsgeschichte der europäischen Eroberer in Südamerika oder Indien erinnert. Eindringlich schildert Wells wie berechnend eine technisch überlegene Gesellschaft ein unterlegenes Volk mit seiner kriegsmechanischen Übermacht einfach überrollt und ein Leben nicht viel mehr als eine wegwerfende Handbewegung wert ist. Dabei verpackt der Autor verpackt seine Botschaft in eine spannende Handlung, die den Roman fraglos zum einem der großen Klassiker macht.

Krieg der Welten ist, wie schon erwähnt,  die Geburtsstunde des Invasionsszenarios in der Science Fiction-Literatur, das immer gerne und sehr oft in zahllosen Variationen bis heute bedient wird. Der Stoff selbst erlebte in der Zeit nach seiner Entstehung viele Adaptionen, die mehr oder weniger gelungen sind. Eine der beeindruckendsten Adaptionen ist das berühmte Radiohörspiel aus dem Jahr 1938, das von Orson Welles produziert wurde. Er verlegte die Geschichte in die Gegenwart und in die USA. Durch seine realistische Darstellung löste das Hörspiel eine regelrechte Massenpanik in vielen amerikanischen Städten aus; obwohl es eigentlich als Halloweenscherz gedacht war.

Hollywood tat sich mit Wells Roman lange Zeit schwer, denn im Verlauf der Jahrzehnte versuchten sich namhafte Regisseure wie beispielsweise Alfred Hitchcock oder Cecil B. De Mille ihre Vision des Stoffes auf die Leinwand zu bringen, allerdings ohne wesentlichen Erfolg. Erst als sich George Pal und Byron Haskin sich der Geschichte annahmen, nahm die Sache Formen an. Die bisher gelungenste Verfilmung von Krieg der Welten kam 1953 ins Kino. Auch wenn die Handlung in die Gegenwart verlegt wurde, blieb ein großer Teil der eigentlichen Essenz erhalten. Auch wenn das Drehbuch mit zahlreichen Andeutungen zum Kalten Krieg gespickt war. Die Kritik an der Kolonisationspolitik aus der Vorlage blieb aber dabei auf der Strecke. Dennoch kann das knallbunte, oft etwas naive Special Effects-Spektakel selbst im Zeitalter der Computeranimation immer noch beeindrucken.

Die Ende der 1980er Jahre produzierte TV-Serie entfernt sich von Wells eigentlicher Vision noch weiter. Kein Wunder, sieht sie sich doch als etwas krude Fortsetzung des Kinofilms von 1953.

Unerwähnt soll auch nicht die Variation von Jeff Wayne bleiben, der mit seiner Musicalversion ein zeitloses Werk schuf, das neben dem Roman durchaus bestehen kann. Wayne verarbeitet in seinem Werkt die Motive aus Wells Roman auf interessante Weise. Mit einer Garde von interessanten Sprechern und Sängern bringt er die Geschichte auf eine andere Art näher.

Als 2004 Steven Spielbergs Version von Krieg der Welten in die Kinos kam, waren die Erwartungen hoch. Doch über den Versuch dem Originalmaterial treu zu bleiben kam man auch hier nicht heraus. Zwar konnte der Streifen von der technischen Seite einigermaßen beeindrucken, doch die Rolle, die Tom Cruise in dem Film spielte, nahm man diesem nicht ab. Hollywoods Strahlemann als Working Class-Hero? Dies lief total gegen das angekratzte Image des Schauspielers, was auch entsprechend an den Kinokassen honoriert wurde. Auch hier wurde das wertvolle Potential der Vorlage einfach verspielt.

Auch wenn es interessante Adaptionen von Der Krieg der Welten gibt, so ist der eigentliche Roman von H. G. Wells definitiv vorzuziehen. Der Roman liest sich auch heute noch sehr gut und ist nicht nur ein Klassiker der Science Fiction, sondern auch der Weltliteratur.


Der Krieg der Welten
von H. G. Wells
erschienen bei Diogenes 1974/2005
ISBN: 978-3-257-23537-1