Sonntag, 16. Dezember 2012

Perry Rhodan: Der Terraner - Graffiti



Was macht den Reiz von Perry Rhodan-Serie aus?

Eine Frage, bei der Fans der Serie oft ins Schwärmen kommen. Da wären zum Beispiel die oft epischen Handlungsabschnitte, die den Leser in ihren Bann ziehen. Da sind Helden, die trotz ihrer Erlebnisse immer noch einen großen Grad an Menschlichkeit bewahrt haben und mit denen man sich identifizieren kann. Hinzu kommt auch, dass es sich bei den Romanen nicht unbedingt um die klischeebehaftete „Heftchen-Literatur“ handelt, die manche Außenstehende erwarten. Vor allem nachdem William Voltz die Verantwortung über den kreativen Verlauf von PR übernommen hatte, wurde dies immer deutlicher. Es entstanden entscheidende Schlüsselromane mit denen der Weg für die weitere Zukunft der Serie abgesteckt wurde. Einer dieser Schlüsselromane ist Der Terraner von William Voltz.

Der Terraner markiert nicht nur einen Höhepunkt im literarischen Schaffen von Voltz, er stellt gleichzeitig eine der wichtigsten Marken im Verlauf der Serie dar. Immerhin handelt es sich um den 1000. Band von Perry Rhodan. Aus diesem Grund hat sich der Autor neben der normalen Handlung etwas eingefallen, was den Roman zu etwas besonderen macht. In Zwischenkapiteln, sogenannten Graffitis, stellt er viele Seiten der menschlichen Natur dar, seien sie nun positiv oder negativ. Dabei zeigt Voltz eindrucksvoll wie sehr die Terraner vom absoluten Perfektionismus entfernt sind. Er beleuchtet den Widerstandskämpfer, den Alkoholiker, den Flüchtling und den Mitläufer in eindrucksvollen Worten. Er beschreibt die Angst, Gewalt, Drogensucht und die Resignation, in denen sich Menschen, manchmal auch durch eigene Schuld, oft bringen. Dabei stellt der Leser fest, dass auch über 30 Jahre nach dem Verfassen der Graffitis diese nichts von ihrer Brisanz verloren haben. Im Grunde erkennt man viele Situation wieder, von denen man auch in den Nachrichten nach wie vor hört. Zeigt sich dabei die Weitsicht des 1984 verstorbenen Autors oder hat sich die Menschheit in den letzten Jahren nicht bewegt. Vielleicht etwas von beidem, denn Willy Voltz gehört auch heute noch jenen Autoren, die die PR-Serie wie kein zweiter geprägt haben. Als er die Exposéarbeit von Karl Herbert Scheer übernahm, verlieh er der Heftserie eine humanistisch angehauchte Philosophie, die sich deutlich von dem gezeigten Weltbild seines Vorgängers unterschied.

Im September 2012 erreichten die Perry Rhodan-Silberbände, in denen die Serie in editierter Version nochmal neu herausgegeben wird, den magischen Punkt. Eine Tatsache, die natürlich entsprechend begangen werden musste. Neben einer normalen Leseprobe mit Auszügen aus dem Silberband wurde eine zweite, nur als eBook ausgelegte Version herausgebracht, in der ausschließlich die Graffitis enthalten sind. Versehen wurden sie  mit einem interessanten Vorwort von Klaus N. Frick und stimmungsvollen Illustrationen von Marie Sann, die bereits einen Innenteil für die Weltcon-Sonderausgabe von Perry Rhodan Neo Band 1 gestaltet hat. Jedem Graffiti stellt sie ein eindringliches Porträt jenes Menschentypus voran, der dort jeweils behandelt wird. Dabei verzichtet sie sprichwörtlich auf jegliche Schönzeichnerei, sondern scheut sich nicht die verbrauchten Terraner aus den Texten zu zeigen. Menschen, die vom Leben und der jeweiligen Situation deutlich gezeichnet sind. Am Ende sieht man sich Perry Rhodan selbst gegenüber. Weit entfernt von dem strahlenden Image seiner Vergangenheit schaut dem Leser hier ein nachdenklicher Mann entgegen, in dessen Gesicht sich seine Erfahrungen gegraben haben. Aber bei all seinen Erlebnissen hat er seine Menschlichkeit nicht verloren, auch wenn er in seiner Zeit einiges einstecken musste. Auf der anderen Seite hat er Dinge gesehen, von denen andere nur träumen. Marie Sann stellt ihren Perry Rhodan aus dem Leben gegriffen dar. Ihr Perry ist nicht der bunte Superheld im Raumanzug, wie man ihn oft auf den Heftcovern sieht, sondern vielmehr fast schon eine reale Figur, fest in der Wirklichkeit verhaftet; so wie es die Graffitis von William Voltz ebenfalls sind. Sie verleiht damit den Texten noch größere Tiefe.

Das exklusive eBook der Leseprobe Perry Rhodan: Der Terraner – Graffiti ist auf jeder Plattform kostenlos erhältlich. Auch ohne den Rahmen des Romans besitzt diese Publikation eine große Faszination. Sehr empfehlenswert!


Perry Rhodan – Illustrierte Leseprobe
Der Terraner – Graffiti
von William Voltz
mit Illustrationen von Marie Sann
erschienen im Oktober 2012 im Pabel-Moewig Verlag
eISBN: 978-3-8453-9955-3

Freitag, 14. Dezember 2012

Das Artefakt von Andreas Brandhorst



Sechshundert Jahre sind vergangen seitdem das Ereignis stattgefunden hat. Dabei wurde ein großer Teil der interstellaren Lebensformen vernichtet, woran die Menschheit nicht ganz unschuldig gewesen ist. Eine Tatsache, die nicht gerade förderlich für den Stand der Erde bei den übrig gebliebenen kosmischen Völkern ist. Dennoch soll ihr in nächster Zeit der Zugang zur Kosmischen Enzyklopädie der Hohen Mächte verschafft werden, was unermessliches Wissen für die Menschheit zur Folge hätte und einiges an altem Prestige wiederherstellen würde.

Auf einer Station der Ägide, einer Art galaktischer Entwicklungshilfeorganisation, wird Rahil Tennerit wieder zum Leben erweckt, um eine unterbrochene Mission fortzusetzen. Mitten in seiner Aufgabe wurde er war auf dem Planet Heraklon unter unbekannten Umständen getötet. Mit einem frisch geklonten Körper und mit einem Backup seines alten Wissens soll er seine Mission fortzusetzen, bei der ein mysteriöses Artefakt immer mehr ins Zentrum ist. Der Ägide ist es aber auch wichtig, dass die Lage auf Heraklon im Gleichgewicht bleibt, weil der Planet ein Juwel in der Arbeit der Ägide ist. Auf dem Planeten herrscht sein fünf Jahrhunderten ein nahezu perfekter Pazifismus. Auf der anderen Seite steht das dringende Bedürfnis sich des Artefakts zu bemächtigen, weil es ebenfalls eine Quelle unermesslichen Wissens darstellt. Ein Machtfaktor also, der nicht zu unterschätzen ist. Um die Mission besser erfüllen zu können wird Tennerit der junge Sammacan zur Seite gestellt, einem Bewohner von Heraklon dessen hohe Abstammung einige Türen öffnen soll. Zusammen versuchen sie das Rätsel um das Artefakt zu lüften…

Andreas Brandhorst schickt den Leser in ein gewohnt sehr gut durchkonzipiertes Universum, das sich allerdings deutlich von seinen anderen Schöpfungen, beispielsweise der Kantaki-Zyklus, unterscheidet. Die Menschen sind keine Helden, sondern haben vielmehr einen schweren Stand unter den galaktischen Völkern, weil sie sich eines schweren Vergehens schuldig gemacht hat. Damit sind sie nicht gerade zu den großen Lieblingen in Kosmos macht. Interessanterweise hält sich der Autor nicht mit großem Vorgeplänkel auf, sondern steigt so in Handlung ein, als ob er schon einige Romane geschrieben hätte. Allerdings nutzt er während der Reise nach Heraklon die Chance den Leser ins richtige Bild zu setzen. Geschickt lässt er das nötige Hintergrundwissen in den Handlungsverlauf einfließen, wobei sein Spannungsbogen kaum darunter leidet. Zwar wirken einige Passagen manchmal etwas schwerfällig, doch spätestens wenn das namensgebende Artefakt seinen Auftritt bekommt man großes Kino geboten.  Es entwickelt sich eine großangelegte Space Opera, die die Qualitäten des Autors sehr gut zur Geltung bringen. So beeindruckt er nicht nur mit einer sehr interessanten Zeichnung der Charaktere, sondern auch mit einem Spannungsbogen, der einen gewissen Anspruch besitzt. Im Verlauf muss man feststellen, dass sich auch in der Zukunft nicht allzu viel in der Politik geändert hat und alles immer noch auf den Aufbau von mehr Macht hinausläuft. Rahil Tennerit ist im Prinzip nichts anderes als ein gehorsames Rädchen im korrupten Getriebe der Ägide. Selbst der Tod ist hier keine endgültige Lösung mehr, da man ohne Probleme mit Hilfe eines Bewusstseins-Backups und hochwertiger Klontechnologie seinen ursprünglichen Auftrag weiter durchführen kann.

Nachdem Andreas Brandhorst in seinen letzten Romanen etwas mehr die Mystery-Schiene bedient hat, wandte er sich mit Das Artefakt wieder der Science Fiction zu. Vor dem Auge des Lesers entfaltet er eine epische Space Opera, die keinen Vergleich mit ähnlichen Stoffen zu scheuen braucht. Wie in fast allen Romanen des Autors lässt er auch noch ein wenig Anspruch mit einfließen, der zum Nachdenken anregt. Brandhorst gibt dabei quasi die Richtung vor wie schnörkellose deutsche Science Fiction mit Unterhaltungswert auszusehen hat.

Diese Rezension entstand mit freundlicher Unterstützung von fictionfantasy.de


Das Artefakt

von Andreas Brandhorst

erschienen im Heyne Verlag im Februar 2012

ISBN: 978-3-453-52865-9

eISBN: 978-3-641-06694-9