Sonntag, 28. August 2011

Weltraumkadetten von Robert A. Heinlein


Man schreibt das Jahr 2075. Der junge Amerikaner Matt Dodson hat sich entschieden Weltraumkadett bei der Friedenspatrouille zu werden. Diese sorgt, wie der Name schon sagt, als übergeordnete Stelle für Frieden auf der Erde und im Sonnensystem. Matt geht bei seiner Ausbildung durch eine harte Schule, die absolute Unterordnung und Selbstaufgabe fordert. Seine Ausbildung bringt ihn an seine Grenzen, doch letztendlich schafft er es ein Seniorkadett zu werden. Zusammen mit seinen Freunden Tex und Oscar tritt er den Dienst an Bord der Aes Triplex an, deren Aufgabe es ist ein verschollenes Raumschiff im Asteroidengürtel zu suchen. Das Schiff wird gefunden, doch die Besatzung ist tot. Rätselhafte Funde an Bord erleichtern die Lösung des Rätsels nicht gerade. Also entschließt man sich das Schiff zur Erde zu überführen, wo man sich noch mehr der Kopf zerbrechen kann.

Bemannt von einer Rumpfmannschaft macht sich die Aes Triplex auf den Weg nach Hause. Allerdings muss man noch einen unerwarteten Zwischenstopp auf der Venus einlegen. Ein Notruf berichtet über Unruhen unter dem Eingeborenen. Ein Lieutenant und die  der Kadetten werden auf die feuchtheiße Welt geschickt, um nach dem Rechten zu sehen. Doch die Landung endet in einem Fiasko. Das Beiboot, mit dem die Männer gelandet sind, versinkt im Schlamm…

Heinleins Hauptaugenmerk in Space Cadets liegt auf der Ausbildung der Rekruten zu Offiziersanwärtern. Allerdings schildert er diese im vorliegenden Roman nicht so extrem wie in Starship Troopers. Das liegt vielleicht auch daran, dass der Autor seinen eigenen US-Navy-Hintergrund im Hinterkopf hatte. Aus heutiger Sicht sind einige der Methoden äußerst fragwürdig, aber wenn man den Roman aus der Warte seines Erscheinungsdatums betrachtet, wird manches klarer. Space Cadets erschien 1948 zum ersten Mal, also relativ kurz nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Damals hatte die USA ein anderes Selbstbewusstsein, was sich auch auf die Literatur niederschlug. Viele SF-Autoren gingen damals davon aus, dass eine Eroberung des Weltraums nur möglich sei, wenn eine straffe militärische Organisation dahinter stand. Heinlein versichert zwar in seinem Roman, dass das interplanetarische Patrouille eine zivile Einrichtung wäre, dennoch bedient man sich einer Hierarchie, wie man sie von militärischen Einheiten kennt. Die Ausbildung selbst hält die Waage zwischen einem physischen und geistigen Teil, wobei naturwissenschaftliche Fächer im Vordergrund stehen, während anderes in den Augen der Ausbildung keinerlei Bedeutung hat bzw. psychologischen Zwecken dient. Eine Überzeugung, die nachdenklich stimmt, denn eine zu einseitige Bildung wirkt sich oft sehr negativ aus.

Ähnlich wie viele frühe Romane des Autors bietet auch dieser eine sehr einfache stilistische Struktur. Die Personen bleiben oft eindimensional und klischeehaft, aber es ist die Handlung, die den Reiz dieses Werks ausmacht. Dabei ist es interessant festzustellen, dass sie, obwohl sie schon fast 60 Jahre auf dem Buckel hat, gar nicht so antiquiert erscheint, wie es auf dem ersten Blick scheint. Die Flüssigkeitsraketen werden bei Heinlein noch mit Stellrädern oder großen Schaltern bedient, aber die rasante technische Entwicklung in den letzten 30 Jahren, vor allem im Computerbereich, hat kaum ein SF-Autor vorhergesehen. Auch die Schilderung der Venus als Dschungelwelt besitzt, obwohl man es mittlerweile besser weiß, immer noch einen großen Reiz. Weltraumkadetten ist ein Roman, der dem Leser viel Unterhaltung bietet, auch wenn es einige Punkte gibt, die einem in der heutigen Zeit etwas bitter aufstoßen. Nichtsdestotrotz ist Space Cadets ein richtiger SF-Klassiker.

Weltraumkadetten
von Robert A. Heinlein 
Originaltitel: Space Cadets;
erschienen im Heyne Verlag 1983
ISBN: 345-330-914-6
Umfang ca. 260 Seiten

Samstag, 27. August 2011

Die Invasion der Wurmgesichter von Robert A. Heinlein

Clifford C. Russell, von seinen Freunden und Eltern nur „Kip“ genannt, hat gerade seine High School-Abschluß bestanden und hat einen großen Wunsch: Er würde gerne zum Mond fliegen. Da sich dies auf normalem Wege nicht so leicht bewerkstelligen lässt, nimmt er an einem Preisausschreiben teil, dessen Hauptpreis eine Weltraumreise ist. Doch leider gewinnt er nur einen der kleineren Preise: einen ausrangierten Raumanzug. Obwohl er zuerst etwas enttäuscht ist, beginnt er den Anzug wieder diensttauglich zu machen, um seine Fähigkeiten zu trainieren. Als er ihn fertig hat und eines Tages anzieht, fängt er über die Funkanlage merkwürdige Signale auf. Zwei fremde Raumschiffe tauchen am Himmel, von denen eines abstürzt. Als er zur Hilfe eilt ahnt er nicht, dass er sich in Abenteuer stürzt, das seine kühnsten Träume übertrifft und über unsere Galaxis hinaus tragen wird…

Ähnlich wie Zweimal Pluto und zurück und Von Stern zu Stern gehört auch Die Invasion der Wurmgesichter zu einer Reihe von Jugendromanen, die der renommierte SF-Autor Robert A. Heinlein in den 50er Jahren verfasste. Doch anders als beispielsweise sein Roman Weltraumkadetten besitzt das vorliegende Werk einen zeitlosen Charme, der es immer noch interessant macht. Zwar weiß heute was jedes Kind, dass ein heutiger Raumanzug heute nicht so klobig ist, wie er von Heinlein beschrieben wird, doch der Erfindungsreichtum des Autors trägt viel dazu bei, dass nicht nur der jugendliche Leser gefesselt wird. Unterstützt wird dies sehr gut von dem subjektiven Erzählstil, der viel Raum  für Identifikationsmöglichkeiten lässt. Kip ist dem Leser auf Anhieb sympathisch, denn wer hat sich noch nicht gewünscht einmal in den Weltraum zu fliegen. Heinlein spielt von dieser Prämisse sein Gedankenspiel konsequent durch. Dabei entwirft er ein sehr unterhaltsames Abenteuer, dem man sich ohne Bedenken öffnen kann. Einige Stellen wirken, heutiger Sicht, etwas antiquiert und naiv, aber auch die klassischen Romane von Jules Verne, die wesentlich älter sind, besitzen diese Eigenschaften. Insgesamt gesehen bietet Die Invasion der Wurmgesichter dem älteren Leser den „Sense of Wonder“, der den Reiz der klassischen Science Fiction der 50er Jahre oft ausmachte und manchem zu SF-Fan machte. Auf der anderen Seite bietet der Roman für den jungen Leser die ideale Einstiegsmöglichkeit, um in dieser Literaturgattung herumzuschnuppern, denn einige ihrer Standards findet man auch hier. Auf jeden Fall ein interessantes Lesevergnügen.

Die Invasion der Wurmgesichter 
von Robert A. Heinlein

 Originaltitel: Have Space Suit – Will Travel
erschienen beim Heyne Verlag 1982 
ISBN: 345-330-748-8
Umfang: ca. 250


Freitag, 26. August 2011

Zwischen den Planeten von Robert A. Heinlein

Don Harvey ist ein besonderer Mensch. Er ist nicht auf Erde geboren. Auch nicht auf eine der Kolonien, sondern im freien Weltraum auf einem Flug zwischen Luna und dem Jupitermond Ganymed. Sein Vater ist Terraner, seine Mutter ist eine Venuskolonisten.

Als sich eines Tages das Klima zwischen den Kolonien und der Erde zuspitzt, wird Don von seinen Eltern gebeten auf den Mars zu kommen, wo sie gerade leben. Der junge Mann, der die ganze Zeit in einem Internat im amerikanischen Westen zugebracht hat, ahnt allerdings nicht, dass er dadurch in den Strudel des Konflikts zwischen Erde und Venus hineingezogen wird. Seine Eltern bitten ihn vor seinem Abflug einen alten Freund aufzusuchen. Dieser stellt sich als Zubringer von wichtigen Daten heraus, die seine Eltern brauchen. Gleichzeitig rückt Don dadurch in das Fadenkreuz des irdischen Geheimdiensts, den er nur schwer davon überzeugen kann, dass er kein Spion ist. Nur mit Mühe kann er die Erde verlassen, aber die nächste Überraschung wartet schon auf ihn. Venusische Freiheitskämpfer haben die wichtigste Raumstation unter ihre Kontrolle gebracht. Don soll wieder auf die Erde zurückgeschickt werden. Dorthin kann er aber nicht zurückkehren, da er quasi ausgewiesen  wurde. Die neue politische Lage macht ihn auf der anderen Seite zum Staatenlosen, obwohl seine Mutter auf der Venus geboren wurde. Dennoch schafft er es zur Venus zu kommen. Nur mit Mühe schlägt er sich dort durch, bis terranische Truppen auf dem zweiten Planeten landen. Kurz vorher hat Don noch die wichtigen Daten in Sicherheit gebracht, die er auf der Erde bekommen hat. Er schließt sich den venusischen Kämpfern an. Dabei ahnt er nicht, dass er im Besitz von Informationen ist, die den Krieg entscheiden können.

Auch dieser Jugendroman von Robert A. Heinlein bietet dem geneigten Leser eine gute Unterhaltung, auch wenn man heute weiß, dass die Venus ganz anders aussieht. Ähnlich wie viele andere Autoren seiner Zeit sieht Heinlein in der Venus einen urweltlichen Dschungelplaneten, der sich heftig gegen die Siedlungsversuche der Menschen wehrt. Aus diesem Grund sind die Kolonisten, die auf der Venus geboren wurden ein ganz anderer Schlag als die Erdgeborenen. Außerdem machen sie sich keine Illusionen, denn sie wissen ganz genau, dass die den hohen Lebensstandard der Erde nicht haben. Aber dennoch wollen sie ihre Unabhängigkeit erkämpfen und finden dabei Unterstützung bei den intelligenten, drachenähnlichen Ureinwohnern der Venus. Auch die Darstellung des terranischen Militärsystems ist interessant, denn dies erinnert stark an jenes, das man jahrzehntelang in Südafrika hatte. Die Kolonisten sind Menschen zweiter Klasse und jeder der mit ihnen Zusammenarbeitet hat seine Bürgerrechte verspielt. Wer sich zu den Kolonisten bekennt oder sie unterstützt hat Repressalien zu fürchten, wie der alte Freund von Dons Eltern, der es vorzieht sich selbst zu töten als mit den irdischen Behörden zusammenzuarbeiten. Auch die Behandlung von Don selbst zeigt, dass auf der Erde ein System existiert, bei man schuldig ist, egal ob man Gegenteil beweist oder nicht.

Gerade diese Tatsachen machen den Jugendroman auch über ein halbes Jahrhundert nach seiner Entstehung interessant. Man bekommt ein Bild geboten, das selbst oder vielleicht gerade heute immer noch eine tiefere Bedeutung besitzt. In unserem Universum gibt es ja immerhin einen US-Präsidenten, dessen Wahl nach wie vor umstritten ist und nach dem 11. September 2001 mussten einige arabischstämmige oder auch nur orientalisch aussehende Menschen bitter erfahren, das in dem Land der Freiheit diese nur für die Menschen gilt, die den „richtigen“ Glauben bzw. politische Überzeugung haben. Diese Parallelen machen Zwischen den Planeten zu einem Stoff, der auch für den erwachsenen Leser einen großen Reiz besitzt.

Zwischen den Planeten 
von Robert A. Heinlein 
Originaltitel: Between Planets
erschienen im Heyne Verlag im Jahr 1986
ISBN: 345-330-819-0 
Umfang ca. 220 Seiten

Donnerstag, 25. August 2011

Star Trek: Titan - Band 3 - Hunde des Orion

Nach den Ereignissen auf Romulus und der Kleinen Magellanschen Wolke kann die TITAN endlich mit der Aufgabe beginnen, für die sie eigentlich gebaut wurde: der Erforschung unbekannter Gebiete der Galaxis. So bricht man in Richtung des Orion-Arms der Galaxis auf, einem Gebiet, in dem sich viele „Kinderstuben“ entstehender Sterne befinden. Schon auf der Hinreise wird Deanna Troi von seltsamen Albträumen geplagt, die sie allerdings mehr als Nachwirkung der geistigen Vergewaltigung von Shinzon sieht. Zuerst gerät dies in den Hintergrund, denn am Ziel angekommen stößt man auf ein merkwürdiges Phänomen. Zwar ist die Sternenflotte in der Vergangenheit schon öfter auf gigantische Lebensformen gestoßen, die im Weltraum leben, doch eine solche Anhäufung wie im Orion-Arm hat man bisher noch nicht gesehen. Schon bald werden auch andere telepathisch begabte Besatzungsmitglieder der TITAN von Albträumen heimgesucht. Es stellt sich heraus, dass es sich dabei um Hilferufe ein kosmozoaner Lebewesen handelt. Diese werden von auf Raumschiffen lebenden Völkern gnadenlos gejagt.

Als die Crew der TITAN Augenzeuge einer Treibjagd wird, stellt sich heraus, von wem die Hilferufe kamen. Die Lebewesen sind Riker und Troi nicht unbekannt. Sie sind zwei von ihnen bei der ersten Mission der ENTERPRISE-D auf Farpoint begegnet. Sie können die Erlegung der Lebensform nicht verhindern. Sie stellen fest, dass die Jäger die ehemals lebenden Raumschiffe selbst für die Jagd benutzen. Ein Umstand, den Riker nicht akzeptieren kann. Er entscheidet sich dafür Partei für die Kosmozoanen zu ergreifen. Er ahnt dabei nicht, dass er dadurch einen schweren Fehler begeht und ein fragiles Gleichgewicht in diesem Teil der Galaxis in Gefahr bringt…

Nachdem sehr interessanten Einstand von STAR TREK: TITAN mit den ersten beiden Bänden, die quasi als Pilotfolge gedient haben, geht man mit dem dritten Band der Serie nun zum normalen Tagesgeschäft über. Die TITAN begibt sich auf ihre eigentliche Mission der Erforschung, wobei man deutlich bemerkt, wie stark verbunden das Konzept mit der seit einigen Jahren vernachlässigten Star Trek-Philosophie des Schöpfers Gene Roddenberry ist. Zwar kommt die Geschichte nicht ohne Konflikt aus, aber der Reiz in unbekannte Gebiete vorzudringen steht deutlich im Vordergrund. Dabei entwirft Autor Christopher L. Bennett ein Szenario, dem er mit einem Bezug zu aktuellen Themen einen greifbaren Moment gibt. Was zuerst wie eine gnadenlose Jagd der Pa’haquel auf Kosmozoane aussieht, entwickelt sich bei näherem hinsehen zu einer Bestandteil ihrer Kultur, die durch das teils unbeherzte Eingreifen Rikers an den Rand der Vernichtung gebracht wird. Dies erinnert stark an die Situation der Inuit oder einiger Indianerstämme in Nordamerika und Kanada, die jedes Jahr für den Eigenbedarf Waljagden veranstalten möchten. Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um eine unnötige Abschlachterei einer vom Aussterben bedrohten Tierart. Der zweite Blick zeigt allerdings, dass meistens nur ein Tier gejagt wird, das von den Inuit komplett verarbeitet wird. Im Gegensatz zu anderen Waljägern jagt das naturverbundene Volk nur so viel, wie man zum Überleben braucht.
In Bennetts Roman wird dieses Konzept leicht dadurch verändert, dass die Pa’haquel und die sie begleitenden Völker die Farpoint-Wesen für die Erweiterung ihrer Familien benötigen und damit ein Gleichgewicht zwischen der in ihrem Raumgebiet auftretenden Kosmozoanen und den planetengebundenen Völkern herstellen wollen. Eine Jagd bis zur Ausrottung streben sie nicht an, da sie die Wesen als Bestandteil eines großen Zusammenhangs sehen.

Dieses Handungsskelett bekleidet der Autor mit einer spannenden Handlung, die die neuen Figuren der TITAN dem Leser etwas näherbringen. Dabei garniert er alles ein wenig mit zahlreichen Andeutungen auf das STAR TREK-Universum, was aber nicht bedeutet, dass der Roman weniger Spaß macht, wenn man keinen Überblick darüber hat.

Eben weil der Roman weitab von dem Einflussbereich der Föderation spielt, hat man hier die Möglichkeit auch als Außenstehenden ein gut geschriebenen SF-Roman zu lesen, der viel Spaß macht und sogar etwas Anspruch besitzt. So zeigt Bennetts Roman, dass Romane basierend auf TV-Serien nicht unbedingt fade und einfallslos sein müssen. Der Leser bekommt hier ein interessantes, teilweise sehr buntes Universum geboten, wie man es sich früher für die STAR TREK-Serien gewünscht hätte.
Wie gewohnt wird der eigentliche Roman durch einige Extras abgerundet. Diesmal gehören eine Beleuchtung der Idee hinter den Kosmozoanen und ein Interview mit dem Autor dazu.

STAR TREK: TITAN
Band 3
Die Hunde des Orion 
von Christopher L. Bennett
Originaltitel: Orion's Hounds 
erschienen bei Cross Cult im Mai 2009
ISBN: 978-3-941248-03-8
Umfang: ca. 430 Seiten.

Mittwoch, 24. August 2011

Star Trek: Titan - Band 2 - Der Rote König

Nach den dramatischen Ereignissen in Eine neue Ära hat es die TITAN, das Schiff von Captain William T. Riker, rund 200 000 Lichtjahre von ihrem letzten Standort entfernt verschlagen. Hier, in der Kleinen Magellansche verschlagen, hat man nur wenig Zeit, um die Scherben zusammen zu fegen. Aber man ist nicht allein. Auch der romulanischen Warbird VALDORE unter dem Kommando von Commander Donatra wurde dorthin versetzt. Gemeinsam hatte man sich auf die Suche nach einer vorschollen Flotte gemacht, die sich in der Nähe des Explosionsorts der SCIMITAR, dem Schiff von Praetor Shinzon aufgehalten hatte. Die Vernichtung der Thaleron-Waffe des Schiffes hat einen Riss im Raum-Zeit Kontinuum geschaffen, der die Verbindung zu der Satellitengalaxis der Milchstraße geschaffen hat. Schnell stellt sich heraus, dass auch ein klingonischer Kreuzer den Durchgang mitgemacht hat.

Das Gebiet, in dem sich die drei Schiffe aufhalten, ist der Föderation nicht unbekannt. Schon einmal hat es Menschen dorthin verschlagen. Zuletzt war es die EXCELSIOR unter Captain Sulu gewesen, die dort gewesen war. Damals war man auf genetisch veränderte Abkömmlinge menschlicher Kolonisten gestoßen, die sich der Umgebung angepasst und eine eigene Zivilisation begründet hatten: Die Neyel.

Bei ihrer Suche stößt die VALDORE auf die Überreste einer Neyel-Flotte. Unter den Überlebenden befindet sich auch der junge Frane, der sich von dem kriegerischen Hintergrund seiner Rasse losgesagt hat. Über ihn erfahren Menschen, Romulaner und Klingonen von einer Wesenheit, die der Rote König genannt wird und nach den Neyel-Legenden in einem tiefen Schlaf liegt. Wenn er erwacht, würde dies das Ende des Universums darstellen. Was wie ein Märchen klingt, stellt sich als wissenschaftliches Fakt heraus. Der Rote König ist ein Protouniversum, das versucht in unseres einzudringen. Dabei verschlingt es alles, was sich ihm in den Weg stellt.

In der Zwischenzeit findet man auch eine Spur der verschwundenen Flotte. Diese steht unter dem Einfluss des Roten Königs, der langsam ein Bewusstsein entwickelt. In einer halsbrecherischen Aktion versuchen Menschen und Romulaner die Flotte aus dem Einfluss zu reißen, was auch gelingt. Doch Riker und Donatra ahnen nicht, dass sie damit die Neyel zum Tode verurteilt haben, denn der Rote König schlägt zurück...

In einer Zeit, in der länger Buchserien immer beliebter werden, verwundert es nicht, dass der zweite Roman um das Raumschiff von William Riker nahtlos an seinen Vorgänger anschließt. Andy Mangels und Michael Martin setzen ihr bewährtes Rezept fort. Sie bieten ein buntes Potpourri mit exotischen Lebensformen, einer spannenden Story sowie neuen und alten Charakteren. Die Story selbst ist mit ihren Handlungsebenen keine Sekunde langweilig, sondern erinnert oft an die alten Traditionen von STAR TREK, die Gene Roddenberry in die diversen Serien eingebracht hat. Tatsächlich erscheint es so, als ob man nach Jahren sich wieder den alten Werten des STAR TREK-Universums zuwenden will. 

Um den Leser bei der Stange zu halten gesellen sich zu Will Riker und Deanna Troi noch einige andere Bekannte aus den anderen TV-Serien wie DEEP SPACE NINE oder VOYAGER. Der Crew selbst werden noch einige exotische Lebensformen hinzugefügt, wie man sie bisher auf dem Föderationsschiff noch nicht gesehen hat; darunter auch einige nichtmenschliche Spezies.

So ist Der Rote König durchaus als zweiter Teil des Piloten um STAR TREK: TITAN zu sehen. Obwohl als Einzeltitel erschienen ist es schnell klar, dass man es, zusammen mit Eine neue Ära, eigentlich mit einem homogenen Roman zu tun hat. Die Fragen, die im ersten Roman am Ende aufgeworfen werden, finden hier ihre Klärung. Die Geschichte um die Ereignisse auf Romulus findet in Der Rote König seine Auflösung.

Ähnlich wie bei ersten Band macht der Roman eigentlich nur richtig Spaß, wenn man sich etwas im STAR TREK-Universum auskennt, da sehr viele Andeutungen auf Ereignisse aus den verschiedenen Serien vorhanden sind. Dennoch gelingt es den beiden Autoren in der Phantasie des Lesers einen kleinen Kinofilm ins Rollen zu bringen, der dem einen oder anderen Leinwandereignis des Franchises in nichts nachsteht. Vergnügliche Literatur für zwischendurch, die einen in unendliche Weiten führt.

STAR TREK: TITAN
Band 2
Der Rote König
von
Michael A. Martin & Andy Mangels

Originaltitel: The Red King
erschienen bei Cross Cult im Februar 2009
ISBN: 978-3-941248-02-1
Umfang: ca. 380 Seiten.

Dienstag, 23. August 2011

Star Trek: Titan - Band 1 - Eine neue Ära

Lange hat es gedauert bis Commander William T. Riker, seines Zeichens Erster Offizier an Bord der USS ENTERPRISE, seine Beförderung zum Captain akzeptiert hat. Sein Job an der Seite von Captain Picard war ihm immer abwechslungsreicher vorgekommen. Am Ende des Films STAR TREK: NEMESIS hat Riker das Kommando über die USS TITAN angenommen. Dort sollte er zusammen mit seiner Frau Deanna Troi Dienst tun.

Der Auftakt der Buchserie um die Abenteuer des Raumschiffs TITAN beginnt rund zwei Monate nach den Ereignissen Romulus. Eigentlich soll das Schiff der brandneuen Luna-Klasse mit einer sehr bunt zusammengewürfelten Crew aus Aliens und Menschen zu einem längerfristigen Forschungsauftrag aufbrechen, aber die Sternenflotte hat andere Pläne. Der neue Captain der TITAN soll eine Hilfsaktion mit diplomatischem Hintergrund leiten, die nach Romulus führen soll. Der neue Praetor hat die Föderation um Hilfe gebeten. Es scheint fast so, als ob man durch diesen Wink einem langfristigen Frieden sichern könnte.

Doch die romulanischen Führer sind untereinander zerstritten. Der Tod von Shinzon hat ein Machtvakuum hinterlassen, das die gegnerischen Parteien für ihren Vorteil ausnutzen wollen. Aber damit nicht genug. Auch die lange unterdrückten Remaner wollen sich ihre Rechte erstreiten. Hinzu kommt dann noch eine Gruppe von Romulanern, die die Wiedervereinigung mit Vulkan propagiert und von Botschafter Spock geführt wird.

Riker und sein Hilfskonvoi, der von klingonischen Einheiten geschützt wird, gerät mitten in diese prekäre politische Situation, die sich noch dramatisch zuspitzt als die Remaner die Initiative ergreifen...

Einige Zeit war es in Deutschland ruhig um die Buchreihe von STAR TREK. Nachdem der Heyne Verlag vor einiger Zeit die Reihe komplett aus dem Programm genommen hatte, war die Zukunft der deutschsprachigen Romane zur TV-Serie fraglich. Erst als das Label Cross Cult, eine Unterabteilung von Amigo Grafik, Anfang 2008 bekannt gab, dass man mit STAR TREK: VANGUARD eine neue Reihe starten wollte, sah es wieder positiver aus. Was als Testballon begann entwickelte sich schnell zu einer guten Sache. Normalerweise bringt Cross Cult eigentlich sehr gut gemachte Comics wie beispielsweise HELLBOY auf den Markt. Aber mit den STAR TREK-Romanen hat man sich ein Standbein auch im Romanbereich geschaffen.

Die zweite Reihe, die man im November 2008 gestartet hat, beschäftigt sich mit den Abenteuern von Captain Riker und seiner TITAN. Dabei legte man bei der Schaffung der Serie in den USA im Jahr 2005 wert darauf, alte Werte von STAR TREK wieder aufleben zu lassen. Nach vielen Jahren des Krieges sollte nun wieder der eigentliche Forschungsauftrag der Sternenflotte im Vordergrund stehen. Aus diesem Grund handelt es sich bei der TITAN nicht um ein Kampfschiff im engeren Sinn, sondern vielmehr um eine Forschungseinheit, die sich auch zu wehren weiß.

Um dem Leser einiges zu bieten würfelte man eine bunte Besatzung zusammen, die mit jeder Menge Angehöriger exotischer Völker aufwartet. Ebenfalls interessant ist die Tatsache, dass man mit der Einführung eines homosexuellen Charakters etwas verwirklicht hat, was für die TV-Serien schon zu Lebzeiten von Gene Roddenberry im Gespräch war, aber nie umgesetzt wurde.

Der Roman von Michael A. Martin und Andy Mangels ist im Grunde genommen nichts anderes als ein Pilot für die neue Serie. Die Handlung kommt nur etwas schwer in Fahrt, wird aber in der zweiten Hälfte etwas rasanter. In der ersten Hälfte des Romans legen die Autoren sehr viel Wert auf die Beschreibung der neuen und alten Hauptcharaktere. Dies ist auch Anfangs interessant, doch irgendwann wünscht man sich, dass der Roman mal etwas mehr in Fahrt kommt. Aber spätestens nachdem man beschlossen hat einen Agenten der Föderation aus den Fängen des Tal Shiar zu befreien, kommt man so langsam in Fahrt. Das Auftreten der Remaner treibt die Handlung dann zur Spitze. In Erwartung des nächsten Highlights wird der geneigte Leser dann etwas im Regen stehen gelassen, denn Eine neue Ära endet mit einem Cliffhanger, der im nächsten Roman mit dem Titel Der Rote König weitergesponnen wird. Danach wird auch klar, warum dieses Buch so behäbig begonnen hat. Wenn man von vornerein einen Zweiteiler konzipiert, kann man sich mit einigen Handlungssträngen Zeit lassen.

Sicher, der Leser, der nicht soviel mit STAR TREK man Hut hat, wird sicher Gefallen an Eine neue Ära finden. Doch so richtig Spaß hat man eigentlich nur mit ihm, wenn man sich etwas mit der Serie auskennt. Die Autoren streuen überall kleine Hinweise auf die TV-Serien ein. Das geht von offensichtlichen Auftritten wie der von Spock und Tuvok bis hin zur Einführung von Besatzungsmitgliedern der TITAN, die mal in einer Folge der Serien aufgetreten sind. Dies zeigt zwar, dass die Autoren sich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt haben, ist aber gegenüber den „normalen“ Lesern teilweise etwas ungerecht.

Auch an einige Kleinigkeiten bei der Übersetzung muss man sich gewöhnen. Als alter Leser mag man den brillanten Stil von Andreas Brandhorst gewohnt sein, aber Stephanie Pannen braucht sich nicht hinter ihm zu verstecken. Auch wenn aus Starfleet wieder die Sternenflotte wurde und der Ton unter den Besatzungsmitgliedern der TITAN teilweise etwas zu locker geraten ist.

Abgerundet wird der Roman durch erklärende Artikel von Jörn Podehl und Julian Wangler, in denen die Hauptpersonen und der Hintergrund der Romanhandlung noch etwas näher gebracht werden.

Mit STAR TREK: TITAN versucht Cross Cult eine zweite Serie aus dem Universum von Gene Roddenberry wieder auf dem deutschen Buchmarkt zu etablieren. Auf den ersten Blick ist der Preis von 12,90 Euro etwas happig, aber man hat es hier mit einem kleineren Verlag zu tun, der mit diesen Roman etwas Stilvolles auf den Markt bringen will. In der Tat macht die Verarbeitung des Buches sowie die Auswahl des Papiers einen sehr guten Eindruck, ähnlich wie andere Publikationen des Verlags. Hinzu kommen noch Ausklappseiten, auf denen man einen Eindruck des Aussehens der TITAN bekommt. Der Roman selbst hat, vor allem in der ersten Hälfte, seine Längen, kann aber über weite Strecken überzeugen. So wird er zu einem unterhaltsamen Lesevergnügen, das Lust auf mehr macht.

STAR TREK: TITAN
Band 1
 Eine neue Ära
von Michael A. Martin & Andy Mangels
Originaltitel: Taking Wing 
erschienen bei Cross Cult im November 2008
ISBN: 978-3-941248-01-4,
Umfang: ca. 360 Seiten.


Montag, 22. August 2011

An der Wiege der Menschheit von Hans Kneifel

Innerhalb der PERRY RHODAN-Serie nahmen die ATLAN ZEITABENTEUER schon immer eine besondere Stellung ein. Bereits in den PR-Heften 60 und 70 schilderte der unsterbliche Arkonide den Untergang von Atlantis aus seiner Sicht. Damals verstand es der hessische Autor Karl Herbert Scheer meisterhaft die Fans zu fesseln. So wurde der Ruf nach neuen Geschichten aus Atlans Vergangenheit immer lauter. Aber noch musste man sich gedulden. Es gab noch kein Forum, in denen Stories aus der PR-Universum unabhängig von der laufenden Heftserie erzählt werden konnten. Mit dem Erscheinen der Taschenbuchreihe wurde dies anders. Endlich konnten sich die Autoren ihren Lieblingsfiguren hingeben. Doch es war nicht Scheer, der die Geschichte des Arkoniden, der jahrtausendelang Historie leibhaftig erlebt hatte, sondern Hans Kneifel. Mit BRUDER DER STÄHLERNEN WÖLFE, der auch in diesem Buch die Auftaktgeschichte liefert, begann die lange Saga Atlans auf der Erde.

In den Taschenbüchern waren die Zeitabenteuer anfangs nicht richtig untereinander verbunden. Kneifel setzte hauptsächlich auf die Tatsachen, die Scheer in seinen beiden Romanen geschaffen hatte: Ereignisse, die Erlebnissen aus der Vergangenheit ähneln, lösen in Atlan einen Zwang aus, seine Abenteuer nochmals zu erleben. Da sich aber dies dramaturgische Kniff recht schnell abgriff, entwarf er eine Rahmengeschichte, die aus der Heftserie abgeleitet wurde. Sie bildet gleichzeitig auch den roten Faden für die überarbeitete Buchausgabe der Zeitabenteuer.

Im Jahr 3561 kehrt der Arkonide mit schwersten Verletzungen vom Planeten Karthago II zurück*, auf dem die Multicyborgs leben, die eigentlich als wirkungsvolle Waffe gegen das Konzil der Sieben gedacht waren. Mit schweren Brandwunden wird Atlan in eine medizinische Einrichtung eingeliefert und kämpft um sein Leben. Um die Karthasis zu beschleunigen setzt der Extrasinn des Unsterblichen sämtliche Erinnerungen an seine Vergangenheit freit. Mit dabei sind auch jene Ereignisse, die von ES unterdrückt werden, da sie nicht in das Bild des Menschen von seiner Geschichte passen würden. Der Historiker Cyr Aescunnar zeichnet die Erzählungen mit allen Möglichkeiten auf und lauscht Atlan bei seinen Schilderungen. Für den Wissenschaftler öffnet sich ein Bild der Vergangenheit, wie er es sich nie erträumt hätte.

Die Schilderungen des Arkoniden beginnen kurz nach dem Untergang von Atlantis als er das erste Mal in seinem Unterwasserzylinder erwacht. Im späteren Frankreich gibt er Anstöße für die weitere zivilisatorische Entwicklung, wobei auch die Frauenwelt (wie sollte es auch anders sein), nicht zu kurz kommt. Er bildet eine Gruppe von Steinzeitjägern aus, die er dann in verschiedene Gebiete in auf der Welt absetzt. Nachdem seine irdische Geliebte bei einem tragischen Unfall ums Leben kommt, zieht er sich wieder in seine Kuppel zurück.

Einige Zeit später wird er von ES geweckt. Einige Androiden sind von der Kunstwelt Wanderer entkommen. Darunter befinden sich einige, die einen bösen Charakter haben. Die Superintelligenz gibt Atlan den Auftrag nach seinem Gutdünken zu entscheiden, ob die Androiden leben oder sterben sollen. Einige tötet der Arkonide auch, andere lässt er am Leben und lässt sie sich auf der Erde niederlassen, damit sie die Entwicklung vorantreiben können. Danach legt er sich wieder in Tiefschlaf. Doch die Ruhe dauert nicht lange. Schon bald wird er erneut von ES geweckt, weil erneut Androiden von Wanderer auf die Erde entkommen sind. Wieder ist der Arkonide Richter und Henker zugleich und versucht nebenbei den Barbaren etwas Kultur beizubringen. Gegen Ende des Buches ist Atlan dann noch in Uruk tätig, wo er starken Einfluss auf den König der Stadt nimmt. Gleichzeitig stellt er durch eine Karawane, in der von ihm ausgebildete Männer unterwegs sind, die Weichen für eine andere Hochkultur, die entlang des Nils entstehen wird.

Mit der Hardcoverausgabe der ATLAN ZEITABENTEUER hatte Hans Kneifel eine Gelegenheit, die ein Autor nur selten bekommt. Er konnte sich noch mal seine Romane vornehmen und überarbeiten. Dies hat einigen der Segmente sehr gut getan, da man auf knapp 150 Seiten eigentlich nicht sehr viel unterbringen kann. Kneifel hat die Chance genutzt, um Widersprüche auszumerzen und die Fakten auf den neusten wissenschaftlichen Stand zu bringen. Der erste Band der Blaubände erschien 1992, was ihn aus heutiger Sicht in diesem Bereich etwas widersprüchlich dastehen lässt. Die archäologische Entwicklung ist die in den letzten Jahren quasi explodiert. Nichts desto Trotz besitzen die einzelnen Segmente des Buches immer noch eine sehr fesselnde Eigenschaft. Kneifel beschreibt die historische Welt sehr plastisch, verliert sich allerdings oft etwas in den Klischees der Fantasy. Als Beispiel seien nur die heftigen Liebesaffären des Arkoniden erwähnt, der scheinbar nicht nur etwas für die Kultur, sondern auch für das Wachstum der Menschheit getan hat. Auf jeden Fall ist aber die Buchausgabe den alten Taschenbüchern vorzuziehen, weil man hier erstmals die ganzen einzelnen Geschichten in chronologischer Reihenfolge genießen kann. AN DER WIEGE DER MENSCHHEIT ist ein sehr gelungener Auftakt der Buchreihe.

*Die Ereignisse, die zu dem Zustand von Atlan führten, kann man im dem PR-Taschenbuch 192: DER BRENNENDE ARKONIDE von Hans Kneifel nachlesen. Eine Neuauflage des Romans ist zusammen mit dem Atlan-Abenteuer DER PURPURNE DRACHE als dritter Band der PERRY RHODAN PLANETENROMANE bei Weltbild erschienen.


Perry Rhodan Edition: Atlan 
Band 1 
An der Wiege der Menschheit 
von Hans Kneifel 
erschienen im Oktober 1992 beim Moewig Verlag 
ISBN: 978-3-8118-1500-1 
Umfang: ca. 412 Seiten



Enthaltene PR-Taschenbücher:
Bruder der stählernen Wölfe (PR-TB 56) 
Flucht der Androiden (PR-TB 147) 
Die große Flut (PR-TB 149) 
Tempel des Todes (PR-TB 63)

Tarzan Alive von Philip José Farmer

Was wäre wenn die von Edgar Rice Burroughs beschriebenen Ereignisse rund um Tarzan gar nicht so frei erfunden wären, sondern auf einer wahre Begebenheit beruhen würden? Was wäre wenn es den Mann, der hinter dem König des Dschungels steckt, tatsächlich geben würde?

Alles begann Anfang der 70er Jahre mit einem fiktiven Interview, das Philip José Farmer mit dem Lord of Greystoke in einem englischen Hotel geführt hat. Der noch sehr agile Herr des Urwalds stellte sich dort bereitwillig den Fragen von Farmer, wobei er auch gerne darauf hinwies, welche Freiheiten sich Edgar Rice Burroughs sich in seinen Romanen genommen hat. Sehr witzig sind auch die Bemerkungen von Greystoke zu seinen Versuchen als Tarzan im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Damals, zwischen Johnny Weismüller und Larry „Buster“ Crabbe, als man ihm sagte, dass er doch so gar nicht dem Bild des Herr der Affen entspräche.

Bald nach dem Interview kam es zu einer weiteren Kontaktaufnahme des Lords mit Farmer, bei der seine gesamte Biografie beleuchtet wurde. Der Autor beweist dabei nicht nur große Detailkenntnisse innerhalb des Tarzan-Mythos, sondern versucht auch einige Fakten aus den Romanen wissenschaftlich zu untermauern. So werden beispielsweise die Mangani, die Tarzan großgezogen haben, hier nicht als bloße Affen charakterisiert, sondern vielmehr als ein verlorengegangener Zweig von Hominiden, die im afrikanischen Dschungel überlebt haben.

Philip José Farmer baut sein Buch nicht als Roman auf, sondern vielmehr als Sachbuch, in dem eine Unzahl von Informationen aus dem Werk von Edgar Rice Burroughs gesammelt sind. Kein Wunder, denn Farmer ist mit den Romanen des Autors aufgewachsen, der mit John Carter ebenfalls eine unsterbliche Figur geschaffen hat. Wo Informationen fehlen, füllt Farmer diese mit seiner eigenen Fantasie auf, wobei sich die Spur Tarzans nach dem Ende des zweiten Weltkriegs weitgehendst verliert.

Tarzan Alive ist nicht nur ein gelungener Versuch Farmers einem legendären Helden ein neues Gesicht zu verleihen, sondern auch ein Beitrag um sein Wold Newton-Universum etwas schlüssiger zu gestalten, in dem sich neben Tarzan auch so illustre Figuren wie Doc Savage, Alan Quatermain, Lamont Cranston (The Shadow) und James Bond tummeln. Seiner Theorie zufolge stammen diese Personen alle von mehreren Familien ab, die in einem Dorf in Schottland lebten, in dessen Nähe ein Meteor heruntergegangen ist. Dieser sorgte bei den Nachkommen der Dorfbewohner für ungewöhnliche Fähigkeiten.

Leider ist die sehr lesenswerte Tarzan-Biografie bisher nicht in deutscher Sprache erschienen. Jahrzehntelang war sie auch in den USA vergriffen, bis sie 2006 bei Bison Books in einer sehr liebevoll gestalteten Ausgabe ungekürzt erschien. Auf jeden Fall eine Bereicherung für jede Buchsammlung.

Tarzan Alive: A Definitive Biography of Lord Greystoke 
von Philip José Farmer 
Bison Books/University of Nebraska Press
ISBN: 0-8032-6921-8
Umfang: ca. 320 Seiten