Nach der Machtübernahme von Louis Napoleon Bonaparte
befinden sich viele Intellektuelle auf der Flucht, darunter auch Victor Hugo
und der Verleger Pierre Jules Hetzel. Sie hoffen am Bahnhofe Gare du Nord in
den Nachtzug nach Brüssel zu steigen, doch ein Wachsoldat erkennt Hugo und die
ganze Sache läuft aus dem Ruder. Während dem Schöpfer von Werken wie Der
Glöckner von Notre Dame und Les Miserables die Flucht gelingt, bleibt Hetzel
auf der Strecke. Da eine Flucht aussichtlos erscheint, entschließt er sich
seinem Leben ein Ende zu setzen und wirft sich vor einen fahrenden Zug...
…wodurch sich der Lauf der Geschichte drastisch verändert.
Die Vergangenheit wie wir sie kennen, verläuft ab diesem Zeitpunkt anders. Denn
eigentlich ist Hetzel die Flucht gelungen und nach seiner Rückkehr feiert der
Verleger mit seinem Gespür für gute Romane Erfolge. Vor allem die
Zusammenarbeit mit Jules Verne gilt bis heute als legendär. Doch mit dem Tod
von Hetzel in dieser Zeitlinie realisiert Jules Verne niemals einen Roman.
Unter dem Pseudonym Nemo setzt er seine Ideen auf der Insel Lincoln um, die
unter unter dem Namen Univerne
bekannt ist. Doch die blockfreie Insel ist ein Dorn im Auge der Kolonialmächte.
Sie vereinigen sich zu einem Schlag gegen Verne, erobern die Insel und stellen
ihre Beute auf der Pariser Weltausstellung 1900 aus. Die Funktion von vielen
erbeuteten Artefakten ist unbekannt, aber daran stört sich die Arroganz der
Kolonialmächte nicht. Auch die Tatsache, dass Jules Verne verschwunden ist,
macht ihnen nichts aus. Hauptsache man kann seine Vormachtstellung darstellen.
Doch sie haben nicht an die Sympathisanten des Visionärs
gedacht, die im geheimen einen Plan schmieden, um wieder in Besitz von Univerne
zu kommen. Eigentlich soll die junge Journalistin Juliette Henin nur ein
Interview mit Honorine Verne für die Frauenzeitschrift La Fronde machen, doch sie ahnt nicht, dass damit das Abenteuer
ihres Lebens beginnt…
Der erste Band der Univerne-Trilogie
von Jean-David Morvan und Alexandre Nesmo erschlägt beim ersten Lesen mit einer
wahren Informationsflut. Gespickt mit originellen Ideen und einem plausiblen
Verlauf werden in Paname die Weichen
für den Beginn einer episch dichten Story gesetzt, die mit jeder Action und
Steampunk-Versatzstücken beeindruckt. Tatsächlich wird das komplette Register
gezogen, bishin zu mysteriösen Androiden und einem Eiffelturm, dessen Funktion
anders ist als man gedacht hat. Hinzu kommen jede Menge Reminiszenzen auf das
Werk von Jules Verne, die den Genuss noch intensivieren. Paname macht so viel Spaß, dass das Ende des Bandes etwas abrupt
erfolgt. Gerne würde man noch weiterlesen, doch leider muss man erst auf den
zweiten Band warten, der Anfang 2013 bereits in Frankreich erschienen ist.
Die deutsche Ausgabe von Univerne
wurde im Splitter Verlag veröffentlicht, der sich nach der Übernahme von Dirk
Schulz auf europäische Comics spezialisiert und sich unter anderem mit der sehr
schön gestalteten Neuausgabe von Don Lawrence’s Storm einen Namen gemacht hat. Auch Paname wartet mit einer sehr
guten Druckqualität im Großformat auf, was die sehr detaillierten Zeichnungen
noch besser zur Geltung bringt. Mit rund vierzehn Euro erscheint der Preis für
das Hardcover zwar etwas hoch, aber der Leser bekommt dafür eine Qualität
geboten, die man oft vergebens im Comicbereich sucht.
Paname, der
Auftakt der Univerne-Trilogie bietet
französische Comickunst vom Allerfeinsten. Zeichnerisch und storymäßig bewegt
man sich auf hohem Niveau, das sogar noch etwas mit einem gewissen Anspruch
garniert ist. Auf jeden Fall ein sehr lesenswertes Highlight aus dem Splitter
Verlag.
Hoffentlich lässt die deutsche Veröffentlichung des zweiten
Bandes mit dem Titel Big Apple nicht
zu lange auf sich warten…
Univerne, Band 1
Paname
von Jean-David Morvan & Alexandre Nesmo
erschienen beim Splitter Verlag im April 2013
Umfang: 48 Seiten
ISBN: 978-3-86869-519-9
Paname
von Jean-David Morvan & Alexandre Nesmo
erschienen beim Splitter Verlag im April 2013
Umfang: 48 Seiten
ISBN: 978-3-86869-519-9