Donnerstag, 26. Juni 2014

Robocop - Director's Cut



In der nicht allzu fernen Zukunft ist Detroit fest im Griff des Verbrechens. Mord und Totschlag sind zum täglichen Begleiter geworden und die marode Stadt hat alles privatisiert, was bei drei noch nicht auf dem Bäumen war. Auch die Polizei hat es erwischt. Seitdem untersteht sie dem Konzern OCP, der ganz eigene Interessen verfolgt. Aus der Asche des untergegangenen Detroit soll Delta-City entstehen, die Stadt der Zukunft, in der alles besser werden soll.

Dazu gehört auch eine neue Art von Polizist. Nachdem die Präsentation des Kampfroboters ED-209 für OCP-Vizepräsident Dick Jones zum Fiasko wird, nutzt der junge Manager Bob Morton die Gunst der Stunde, um sein Robocop-Projekt an den Mann zu bringen. Für die Realisation des Projekts ist allerdings ein für tot erklärter Polizist als Grundlage notwendig, was aber in dieser Situation nur eine Frage der Zeit ist.

Gleichzeitig tritt Officer Alex Murphy seinen Dienst in Detroit Metro South an, wird aber schon wenige Stunde später von Copkiller Clarence Boddicker auf bestialische Weise ermordet. Der Körper von Murphy wird an das Robocop-Projekt überstellt und Murphy wird in einen fast unzerstörbaren Cyborg verwandelt, der für Gesetz und Ordnung sorgen muss. Robocop räumt auch in der Unterwelt Detroits auf. Dabei stößt er auf die Hinweise einer Verschwörung, die nicht nur den Tod von Alex Murphy beinhaltet, sondern bis in die oberste Ebene von OCP geht…

Hollywood wurde schon Anfang in den 70er Jahren auf Paul Verhoeven aufmerksam, da er mit Filmen wie Türkische Früchte und Der Soldat von Oranien für einige Kontroversen im europäischen Kino sorgte. 1985 hatte er dann mit Flesh & Blood bewiesen, dass er in seinem eigenen Stil auch andere Genres bedienen konnte. Als ihm das Drehbuch zu Robocop ins Haus flatterte, hielt sich seine Begeisterung in Grenzen, denn eigentlich hatte er mit Science Fiction nichts am Hut. Es war seine Frau, die ihn dazu drängte sich das Script näher anzuschauen und auf das Potential zu achten. Danach kristallisierte sich seine Vorstellung von Robocop heraus.

Zwar sind die satirischen Elemente in Robocop noch nicht so ausgereift wie in Starship Troopers, aber die Ansätze sind hier deutlich zu erkennen. Verhoeven wirft ein schwarzhumoriges Bild auf das Amerika der Reagan-Ära, das er mit sehr zynischen Werbeeinblendungen kommentiert. Die Gesellschaft ist roh geworden, erfreut sich an dümmlichen Fernsehsendungen und die Gewaltbereitschaft ist ebenfalls gestiegen. Und nachdem das alte Gesetzsystem nicht mehr funktioniert, erscheint nun mit Robocop nicht nur eine neue Art von Polizist, sondern auch Richter und Vollstrecker in einem. Gleichzeitig stellt Verhoeven Gewalt auf der Leinwand teilweise so drastisch dar, dass es schon kurz nach den Dreharbeiten zu enormen Schwierigkeiten kam. Fast 30 Jahre nach seiner Entstehung hat Robocop nichts von seinem Reiz verloren. Vielmehr zeigt er wie ein geschickter Regisseur sehr gute Spezialeffekte mit einer interessanten Story verarbeiten kann. Wie Peter Weller aus einem scheinbar tumben Cyborg mit reiner Körpersprache eine Kultfigur schaffen kann, die ebenfalls noch heute Bestand hat. Außerdem sollte man sich vor Augen halten, dass die ganzen Spezialeffekte ohne die Hilfe von Computern entstanden sind und oft direkt auf dem Set realisiert wurden.

Beim näheren Anschauen der Filme von Paul Verhoeven bemerkt man seinen Hang zu einer gewissen Explizitheit, vor allem wenn es um Gewalt oder Sex geht. Robocop ist da keine Ausnahme. Hier hat er sogar versucht es auf die Spitze zu treiben. Die erste Version des Films wurde von der amerikanischen MPAA mit seinem sogenannten „X-Rating“ belegt, was normalerweise nur Pornofilme gilt. Zu krass fand die Bewertungsbehörde die Darstellung der Gewalt. Vor allem die Szenen in denen Alex Murphy in Stücke geschossen wird oder in denen das Opfer eines Säureunfalls durch die Gegend irrt, wurden zum Stein des Anstoßes. Da ein solch negatives Rating auch heute noch als tödlich an den Kinokassen gilt, gab Verhoeven nach und schnitt seinen Film etwas um. In Deutschland war die daraus resultierende Kinoversion den Jugendwächtern immer noch zu gewalttätig, woraufhin man erneut die Schere ansetzte. Als der Film dann auf Video veröffentlicht wurde, verschwand er bald darauf auf der Indizierungsliste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften.

Als Ende 2013 die Listenstreichung und die darauf eine Neufreigabe erfolgte, war die Frage, welche Version von Robocop nun im normalen Handel erscheinen sollte. Interessanterweise handelt es sich dabei nicht um die amerikanische Kinoversion oder die deutsche Schnittfassung, sondern um den sogenannten „Director’s Cut“ wie er ursprünglich 1987 in die Kinos kommen sollte. Diese wurde nun mit FSK-18 freigegeben. Der Unterschied zwischen dieser Version und den anderen besteht im Wesentlichen aus jeder Menge „Kleinkram“, der sich im Prinzip durch noch etwas mehr Blut und abgeschossene Gliedmaßen zusammensetzt. Außerdem wurde auch alternatives Bildmaterial verwendet, das in den alten Versionen entschärft zu sehen war.

Ähnlich wie bei anderen Indexstreichungen folgte auch bei Robocop relativ schnell eine sehr gut ausgestattete Blu-ray. Dabei setzte man, neben etwas Neumaterial, auch auf die bereits im Ausland erschienen DVD- bzw. BD-Versionen. Außerdem gönnte man dem Streifen noch ein neues 4K-Bildmaster.

Nachdem 4K zur neuen heiligen Kuh der Elektronikindustrie geworden ist, sollte man sich vor Augen halten, dass diese Abtasttechnik, wie ihre Vorgänger, immer nur so gut ist wie das vorliegende Ausgangsmaterial. Wenn man sich die alten Versionen von Robocop betrachtet, so ist das recht positive Endergebnis überraschend.

Als Stilmittel arbeitete Paul Verhoeven damals schon mit verschiedenen Formaten. Während die TV-Sequenzen sich qualitativ deutlich vom Rest des Films abheben, bieten die reinen Filmsegmente ein sehr scharfes und kontrastreiches Bild mit warmen Farben und hoher Detailtreue, was für eine hohe Plastizität sorgt. Auffällig ist auch der leichte Qualitätsabbruch bei den neu eingefügten Szenen, die sich oft deutlich vom Rest abheben. Dies ist aber verschmerzbar, da die neue Abtastung gegenüber der vorigen Blu-ray-Auflage eine hundertprozentige Steigerung ist.

Vom deutschen Ton sollte man keine Wunder erwarten, denn immerhin hat der Streifen schon einige Jahre auf dem Buckel. Die Synchronisation klingt oft sehr blechern und sonst ist der Klangteppich sehr frontlastig. Sourroundeffekte und die Verteilung des großartigen Soundtracks von Basil Poledouris halten sich in Grenzen. Die englische Originaltonspur hört sich da schon wesentlich kräftiger an. Die Sprache kommt klar verständlich aus dem Center, während sich Umgebungsgeräusche und Musik ebenfalls gut verteilen.

Überraschenderweise findet man im Gegensatz zur alten Auflage jede Menge Bonusmaterial zum Film auf dieser Blu-ray. Hauptsächlich setzen sie sich aus Features der 2004 erschienen ersten DVD-Auflage und der 20th Anniversary Edition zusammen. Hinzu kommt noch ein neuer Beitrag, der aus einer Fragerunde aus dem Jahr 2012 besteht und bei der ein Großteil der Darsteller und Macher zugegeben war.

Die Fragerunde ist auch eines der interessantesten Features auf der Blu-ray, weil Paul Verhoeven, Peter Weller, Drehbuchautor Ed Neumaier und einige andere auf die Entstehung von Robocop zurückblicken. Ebenfalls sehr empfehlenswert ist der Audiokommentar mit Paul Verhoeven, Ed Neumaier und Jon Davison. Verhoeven ist kein großer Freund von teilnahmslosen Kommentaren, sondern liefert, ähnlich wie bei Starship Troopers, eine sehr humorvolle Show ab, bei der er viel zu erzählen hat.

Das ausführliche Making of Flesh and Steel liefert einen sehr intensiven Einblick auf die Entstehung des Films ab, wobei die Featurettes noch weitere grundlegende Infos liefern. Sehr Selbstironisch angelegt ist Villains of Old Detroit, in denen die bösen Jungs zu Wort kommen. Miguel Ferrer (Crossing Jordan) und Kurtwood Smith (That 70’s Show) standen 1987 noch relativ am Anfang ihrer Karriere und spielten hier noch Rollen, die sich sehr von ihren späteren unterschieden. Vor allem Kurtwood Smith, der oft gerne als der nette Nachbar von Nebenan besetzt wird, hat einiges positives über seine Performance als Clarence Boddicker zu sagen.

Wer Robocop noch nicht in seiner Filmsammlung hat, kann bei der Blu-ray auf jeden Fall zugreifen. Und für jene, die schon die DVD haben lohnt sich die Umstellung ebenfalls. Neben einer sehr ansprechenden Präsentation ist Robocop immer noch ein sehr sehenswerter Film, dessen Vision einer herz- und geistlosen Gesellschaft schon recht nahe an die Realität herankommt. Den Biss, der dem Remake von 2014 fehlt, findet man hier in einer Mischung aus purem Zynismus und Satire. Solche Filme werden heute leider nur noch selten gemacht.

Robocop 
Originaltitel: Robocop 
Regie: Paul Verhoeven 
Darsteller: Peter Weller, Nancy Allen, Ronny Cox, Kurtwood Smith Miguel Ferrer, u. a. 
Region: A, B, C 
Bildformat: 1.85 : 1 
Ton/Sprachen:  
Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1), Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch, u. a. (DTS 5.1) 
Special Features: 
Audiokommentar, Making of, Featurettes, Deleted Scenes, Trailer, Wendecover mit dem originalen Plakatmotiv 

Donnerstag, 19. Juni 2014

Elric - Band 1: Der Rubinthron



Er ist einer der großen Antihelden der Fantasyliteratur, der im krassen Gegensatz zu den üblichen Helden des Genres steht. Er ist weder Conan, noch Gandalf, noch Gilgamesch. Elric ist jemand, den man auf den ersten Blick nicht als Held bezeichnen würde. Der Albino ist von zarter Gestalt und sein Überleben wird nur durch schwarze Magie und Drogen erhalten. Sein Vater hat ihn schon verflucht als seine Mutter im Kindbett starb. Dennoch ist er der letzte große Hexenkönig der dekadenten Insel Melniboné geworden, weil er aus der direkten Blutlinie seiner Dynastie stammt. Die Bewohner der Dracheninsel selbst sehen sich als Nabel der Schöpfung, der mit Arroganz und einer gehörigen Portion Grausamkeit auf die Menschen niederschaut. Dabei wird übersehen sie ganz, dass sie einem hausgemachten Ende entgegen gehen.

Elric mag körperlich schwach sein, doch seine Magie ist ausgeprägter denn je. Er gilt als einer der mächtigsten Zauberer seiner Insel. Dennoch wird er um seinen Titel beneidet. Vor allem sein Cousin Yyrkoon schielt schon lange auf den Thron. Geschickt schmiedet er im Hintergrund seine Ränke. Dies wird auch durch seine Schwester Cymoril begünstigt, die Elric aus tiefsten Herzen liebt. Sie versucht ihm Kraft zu geben, was ihr sogar oft gelingt. Doch der Herrscher kann sich nicht ganz seiner Liebe hingeben, denn die Feinde Melnibonés, im Geheimen unterstützt von Yyrkoon, schlafen nicht. So rüstet sich die Dracheninsel für eine gewaltige Seeschlacht, für deren siegreiches Gelingen Elric mit seinen ganzen magischen Kräften ins Zeug legt. Dadurch geschwächt hat Yyrkoon nun leichtes Spiel sich des Albinos zu entledigen. Er wirft ihn eigenhändig über Bord, um sich selbst als neuen Herrscher der Dracheninsel auszurufen. Doch er hat die Rechnung ohne die Mächte des Chaos gemacht. Vor allem der Gott des Chaos, Arioch, hat einiges Interesse an Elric….

in Antiheld als Protogonist einer Fantasysaga? Eine recht ungewöhnliche Idee. Als Elric von Melniboné Anfang der 60er Jahre in Romanform seinen ersten Auftritt hatte, war die Literaturgattung noch nicht so ausgetreten wie heute. Die Szene war so von Tolkiens Mittelerde-Saga geprägt, dass man diverse Vorläufer wie Henry Rider Haggard, Edgar Rice Burroughs und Robert E. Howard oft vergaß. Zwar sind Tolkiens Helden ebenfalls nicht gerade muskelbepackt, aber Michael Moorcock geht mit seiner Figur sogar noch weiter. Eigentlich ist Elric gar nicht lebensfähig. Wären seine Drogen und die dunkle Magie nicht, wäre er wie seine Mutter im Kindbett gestorben. Aber die finsteren Mächte des Chaos haben ein starkes Interesse an dem Mann, dessen magische Talente alles übertreffen, was man auf Melniboné gesehen hat. Aus Verzweiflung lässt er sich dann auch quasi auf einen Pakt mit dem Teufel ein. Arioch übergibt Elric das Schwert Sturmbringer mit dem alle körperlichen Probleme über Nacht nichtig werden. Doch die Lebenskraft hat einen Preis, denn die Dunkle Klinge ernährt sich von Seelen und ist der Auswahl der Opfer nicht gerade zimperlich.

Michael Moorcock hat das Rad mit dem Melnibonér nicht neu erfunden, schafft es aber den Leser mit sehr knackig geschriebenen Romanen bei der Stange zu halten. Die Bücher um den Albino sind zu stilgebenden Vorbildern des Genres geworden, die heute noch gerne zitiert werden. Sei es nun in Rollenspielen wie Dungeons & Dragons oder in der modernen Fantasyliteratur. Sogar ein eigenes Rollenspiel hat Moorcocks Saga vor einer Zeit hervorgebracht.

Weil Moorcocks Erzählstil sehr plastisch ist, wurde Elric von Melniboné schon relativ für das Medium Comic entdeckt. Bereits Anfang der 70er Jahre traf er Dank Roy Thomas auf Conan the Barbarian, obwohl beide im Grunde genommen in verschiedenen Universen leben. Aber erst mit Phillipe Druillet bekam der Herrscher der Dracheninsel ein richtiges Gesicht und gab somit die Richtung für seine Nachfolger hervor. Danach versuchten sich zahlreiche Künstler wie Frank Miller, Mike Mignola, Walter Simonson und Michael Whelan an der Figur. Vor allem Whelan erwies nach Druillet mit seinen Illustrationen zu späteren Ausgaben der Romane als derjenige, der das Bild von Elric prägte.

Julien Blondels Adaption hält sich inhaltlich eng an die Vorlage, wirkt aber kein Sekunde lang angestaubt. Er greift die Elemente der eigentlichen Geschichte auf, fügt aber noch die eine oder andere Nuance hinzu. Vor allem die Rolle von Cymoril wurde stark erweitert, was einige neue Möglichkeiten ergibt. Auch der Konflikt zwischen Elric und Yyrkoon tritt etwas deutlicher zutage als in der Vorlage. Der Mix aus alten und neuen Element bietet dem Leser auch einigen Spaß.

Unter der Mitwirkung von Didier Poli, Robin Recht und Jean Bastine wartet der erste Band eines geplanten Fünfteiler mit episch breiten Zeichnungen auf, die sich oft über große Doppelseiten erstrecken. Auffallend ist dabei der Detailreichtum, den die Zeichner an den Tag legen. Vor dem Auge des Lesers lassen sie ein gewaltiges Fantasyepos entstehen, bei dem man sich fragt, warum es noch nicht den Weg auf die Leinwand gefunden hat. Weder Autor noch Zeichner verlieren dabei nicht die eigentliche Vorlage aus den Augen, denn die Handschrift Moorcocks ist noch deutlich zu erkennen. Als Leser der Romane ist man von der Umsetzung beeindruckt, als Neuleser entdeckt man eine alte Perle wieder, die einer jüngeren Lesergeneration noch unbekannt ist. Auf jeden Fall ist diese französische Adaptation des Stoffes ein richtiges Highlight, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

Begünstigt wird dies auch durch die wie immer spitzenmäßige Umsetzung des Bandes durch den Splitter Verlags. Auf dem ersten Blick erscheinen rund 15 Euro für den Band als viel, aber wenn man die gewohnt hervorragende Druckqualität anschaut, dann kann man das verschmerzen. Hinzu kommt noch ein sehr ausführlicher redaktioneller Teil mit zahlreichen Entwürfen und Hintergrundinformationen.



Elric 
Band 1: Der Rubinthron 
von Julien Blondel 
Zeichnungen: Didier Poll, Robin Recht & Jean Bastide 
nach einer Idee von Michael Moorcock 
erschienen im Splitter Verlag im Dezember 2013 
ISBN: 978-3-86869-658-5