Gegen Ende des 19. Jahrhunderts geschieht
das Unfassbare: Invasoren aus dem Weltall fallen in metallenen Zylindern über
die Erde her. Es handelt sich dabei um Bewohner des Planeten Mars, deren Neid
auf die Schätze der Erde so groß ist, dass sie eine Invasionsarmee schicken, um
den Planeten für sich zu erobern. Immerhin bietet der Nachbar alles, was man
braucht: Wasser, Luft und Futter in rauen Mengen.
Rigoros gehen die Marsianer mit ihren
dreibeinigen Kampfmaschinen gegen die Menschen vor. Keine Armee scheint die
aufhalten zu können und alle Hoffnung für ein Überleben gehen in Schutt und
Asche unter...
H. G. Wells Roman Der Krieg der Welten hat auch mehr als einhundert Jahre nach seiner
Entstehung nichts von seinem Reiz verloren. Hier zum ersten Mal eines der
großen Klischees der Science Fiction bedient, den Invasionsroman. Seitdem hat
es zahllose mehr oder weniger gelungene Versionen oder Imitationen des Stoffes
in verschiedenen Medien gegeben, doch nur wenige besitzen die Intensität des
Originals. Wells bringt die Hilflosigkeit gegenüber einem gnadenlos überlegenen
Gegner genau auf den Punkt, wobei im Grunde genommen die Marsianer vollkommen
austauschbar sind. So wird auch schnell die eigentliche Botschaft des Romans
deutlich, denn man fühlt oft an die radikale Kolonisationsgeschichte der
europäischen Eroberer in Südamerika oder Indien erinnert. Eindringlich schildert
Wells wie berechnend eine technisch überlegene Gesellschaft ein unterlegenes Volk
mit seiner kriegsmechanischen Übermacht einfach überrollt und ein Leben nicht
viel mehr als eine wegwerfende Handbewegung wert ist. Dabei verpackt der Autor
verpackt seine Botschaft in eine spannende Handlung, die den Roman fraglos zum
einem der großen Klassiker macht.
Krieg
der Welten
ist, wie schon erwähnt, die
Geburtsstunde des Invasionsszenarios in der Science Fiction-Literatur, das
immer gerne und sehr oft in zahllosen Variationen bis heute bedient wird. Der
Stoff selbst erlebte in der Zeit nach seiner Entstehung viele Adaptionen, die
mehr oder weniger gelungen sind. Eine der beeindruckendsten Adaptionen ist das
berühmte Radiohörspiel aus dem Jahr 1938, das von Orson Welles produziert
wurde. Er verlegte die Geschichte in die Gegenwart und in die USA. Durch seine
realistische Darstellung löste das Hörspiel eine regelrechte Massenpanik in vielen
amerikanischen Städten aus; obwohl es eigentlich als Halloweenscherz gedacht
war.
Hollywood tat sich mit Wells Roman lange
Zeit schwer, denn im Verlauf der Jahrzehnte versuchten sich namhafte Regisseure
wie beispielsweise Alfred Hitchcock oder Cecil B. De Mille ihre Vision des
Stoffes auf die Leinwand zu bringen, allerdings ohne wesentlichen Erfolg. Erst
als sich George Pal und Byron Haskin sich der Geschichte annahmen, nahm die
Sache Formen an. Die bisher gelungenste Verfilmung von Krieg der Welten kam
1953 ins Kino. Auch wenn die Handlung in die Gegenwart verlegt wurde, blieb ein
großer Teil der eigentlichen Essenz erhalten. Auch wenn das Drehbuch mit
zahlreichen Andeutungen zum Kalten Krieg gespickt war. Die Kritik an der
Kolonisationspolitik aus der Vorlage blieb aber dabei auf der Strecke. Dennoch
kann das knallbunte, oft etwas naive Special Effects-Spektakel selbst im
Zeitalter der Computeranimation immer noch beeindrucken.
Die Ende der 1980er Jahre produzierte
TV-Serie entfernt sich von Wells eigentlicher Vision noch weiter. Kein Wunder,
sieht sie sich doch als etwas krude Fortsetzung des Kinofilms von 1953.
Unerwähnt soll auch nicht die Variation von
Jeff Wayne bleiben, der mit seiner Musicalversion ein zeitloses Werk schuf, das
neben dem Roman durchaus bestehen kann. Wayne verarbeitet in seinem Werkt die
Motive aus Wells Roman auf interessante Weise. Mit einer Garde von
interessanten Sprechern und Sängern bringt er die Geschichte auf eine andere
Art näher.
Als 2004 Steven Spielbergs Version von Krieg
der Welten in die Kinos kam, waren die Erwartungen hoch. Doch über den Versuch
dem Originalmaterial treu zu bleiben kam man auch hier nicht heraus. Zwar
konnte der Streifen von der technischen Seite einigermaßen beeindrucken, doch die
Rolle, die Tom Cruise in dem Film spielte, nahm man diesem nicht ab. Hollywoods
Strahlemann als Working Class-Hero? Dies lief total gegen das angekratzte Image
des Schauspielers, was auch entsprechend an den Kinokassen honoriert wurde.
Auch hier wurde das wertvolle Potential der Vorlage einfach verspielt.
Auch wenn es interessante Adaptionen von Der
Krieg der Welten gibt, so ist der eigentliche Roman von H. G. Wells definitiv
vorzuziehen. Der Roman liest sich auch heute noch sehr gut und ist nicht nur
ein Klassiker der Science Fiction, sondern auch der Weltliteratur.
Der Krieg der Welten
von H. G. Wells
erschienen bei Diogenes 1974/2005
ISBN: 978-3-257-23537-1
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