Eigentlich hat der Literaturprofessor Arthur Bramhall sich
ein Jahr von deiner Lehrtätigkeit an einer Universität an der amerikanischen
Ostküste von seiner Lehrtätigkeit entbinden lassen, weil er nicht nur einen
Hang zur Depression hat, sondern auch einen Roman schreiben wollte. Doch
unglücklicherweise brennt kurz nach der Fertigstellung des Manuskripts sein
Haus ab, wobei dieses ein Raub der Flammen wird. Er entzieht sich also der
Zivilisation, um in einer abgeschiedenen Hütte sein Werk erneut zu Papier zu
bringen. Aber ist das fertige Manuskript nun sicher? Bramhall entscheidet sich
es in einem hohlen Baum unweit seiner Blockhütte zu verstecken. Nur um
sicherzugehen, dass diesmal kein Feuer seinen Roman verzehrt.
Der Schriftsteller wird dabei von einem Bären aufmerksam
beobachtet. Kaum ist der Mensch weg, da entschließt der Bär sich dem Manuskript
anzunehmen. Er hat nämlich einen ganz besonderen Wunsche: Er möchte ein Mensch
sein. So liest er den Roman und entschließt sich daraufhin in die Stadt zu
gehen. Mit der Aktentasche des Professors zwischen den Zähnen macht sich der
Bär auf, um in New York den Literaturbetrieb auf den Kopf zu stellen. Hal Jam,
wie er sich nun nennt, zwängt sich in einen Anzug, um das süße Leben eines
erfolgreichen Literaten im amerikanischen Medienrummel zu erleben…
In Deutschland ist William Kotzwinkle vor allem durch seine Romanadaption
von Steven Spielbergs E.T. – Der Außerirdische bekannt geworden. Allerdings ist
er in fast jedem literarischen Genre zuhause und hat nicht nur im
phantastischen Bereich einige bemerkenswerte Romane veröffentlicht. Die Fabel
des Bären, der in Welt zieht um ein Mensch zu werden, ist eine genial
pointierte Satire auf den amerikanischen Medienbetrieb im Allgemeinen und im
Besonderen. So reicht es bereits, dass sich Hal Jam in einen zu kleinen Anzug
quetscht, um mit seinem gestohlenen Manuskript bei diversen Agenten Eindruck zu
schinden. Dabei schert sich keiner darum, ob er es selbst geschrieben hat oder
nicht. Aber nicht nur die Agenten liegen ihm zu Füßen, sondern auch die
menschlichen Frauen, die Hal ebenfalls zu schätzen lernt. Dabei vollzieht sich
in ihm eine Wandlung vom wilden Tier zum menschlichen Wesen mit all seinen
Schwächen.
Im Gegenzug verwandelt sich der eigentliche Autor des
Manuskripts durch seine depressive, zurückgezogene Art immer mehr in einen
Bären. Auf dem Höhepunkt begibt sich Arthur Bramhall für einige Zeit in einen
Winterschlaf, damit er sich über einige Dinge klarwerden kann.
William Kotzwinkles Buch wirkt oft etwas episodenhaft. Aber
genau das macht den Reiz von Ein Bär will nach oben aus. Nicht selten muten die
verschiedenen Kapitel wie eine Sammlung von kleinen Kurzgeschichten an, in
denen es von skurrilen Figuren nur so wimmelt. Sei es nun eine Situation in der
Hal Jam einer singenden Gang aus dem schwarzen Ghetto zu einem Plattenvertrag
verhilft oder der Hund eines Freundes von Arthur Bramhall, dessen Gedanken sich
den ganzen Tag nur um Knackwürste befassen. Als der Professor verzweifelt nach dem Stoff
zu einem neuen Roman sucht, wird von dem Besitzer des Hundes zu einigen von den
schrägsten Typen geschleppt, die die Umgebung zu bieten hat. Sehr witzig ist
auch die Szene an einem Busbahnhof, wo Hal Jam
auf eine Gruppe von Skinheads trifft, die ihn aufmischen wollen. Angeführt
werden sie von einem Typen Namens Heimlich, der den Namen angenommen hat, weil
er so seine Anerkennung für den Chef der SS würdigen wollte. Dabei hat er in
seinem Nichtwissen den Namen von Himmler mit dem des Erfinders des
Heimlich-Manövers verwechselt, also dem kompletten Gegenteil. Bei allen Szenen
und Geschichten brilliert der Autor dabei mit unterhaltsamen Sarkasmus und
einer gehörigen Portion Ironie, was den Leser mehr als einmal schmunzeln lässt.
Ein Bär will nach oben ist ein sehr unterhaltsamer Roman,
der sich von dem gewöhnlichen Mainstream deutlich abhebt. Ein richtiger
Geheimtipp für alle Leseratte und für die, die es noch werden wollen.
Ein Bär will nach oben
von William Kotzwinkle
Übersetzung: Hans Pfitzinger
erschienen bei Rowohlt Taschenbuch im Dezember 1998
ISBN: 978-3-499-13895-6
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