Freitag, 25. Mai 2012

The Demon Awakes von Denny O'Neil, u.a.


Batman: The Demon Awakes
Unbestritten ist er einer der beliebtesten Charaktere des DC-Universums: Batman. Im Gegensatz zu Superman kann er sich nicht auf abenteuerliche Superkräfte verlassen, sondern ist auf seinen extrem guten Spürsinn angewiesen, genauso wie auf seine Körperkraft. Und genau das macht ihn bei vielen so beliebt. Batman ist ein normaler Mensch mit seinen eigenen Problemen.

Geschaffen wurde der Dunkle Ritter im Jahr 1939 von Bob Kane und Bill Finger entwickelt, wobei letzterer für die essentiellen Eigenschaften verantwortlich ist, die das Flair der Figur ausmachen. So stammt die Idee des wallenden Fledermausumhangs von ihm, genauso wie die Tatsache, dass sich der Milliardär Bruce Wayne hinter der Maske verbirgt. Beeinflusst wurden die beiden Autoren von zahlreichen Figuren, die in den 30er Jahren durch die Magazinlandschaft streiften. Als ganz klare Vorbilder sind allerdings Zorro von Johnston McCulley und The Shadow von Walter Brown Gibson zu erkennen. Vor allem der heute leider nicht mehr so populäre The Shadow weist zahlreiche Parallelen zu Batman auf. Im Gegensatz zu The Shadow hat sich Batman allerdings bei einem breiten Publikum über die Jahrzehnte halten können. Kein Wunder, denn die Figur wurde immer wieder quasi neu erschaffen. Ein ganz großer Meilenstein in der Geschichte des Comics ist Frank Millers Graphic Novel The Dark Knight Returns, die bis heute stilbildend für den Fledermausmann geblieben ist.

Aber bereits Anfang der 70er Jahre erkannten Autoren und Zeichner das Potential von Batman, vor allem Denny O’Neil, Neal Adams und Lein Wein, die in dieser Zeit unsterbliche Geschichten schufen, die Frank Millers Epos kaum nachstehen. Eine Geschichte aus dieser Zeit ist The Demon Awakes, die einen der schillerndsten Charaktere in die Batman-Serie einführte: Ra’s al Ghul.

Kurz nachdem Robin auf mysteriöse Weise verschwunden ist, versucht Batman die Fakten zusammen zu fügen, um sein Mündel retten zu können. Aus diesem Grund sucht er die Batcave auf, die er vor kurzer Zeit stillgelegt hat. Kurz vorher war er in ein Penthouse in Zentrum Gothams gezogen. Doch er wird in seinem geheimen Refugium erwartet. Ra’s al Ghul hat nicht nur das Geheimnis der Bathöhle gelüftet, er weiß auch um die wahre Identität des Dunklen Ritters. Für Bruce Wayne ist al Ghul allerdings auch kein Unbekannter, denn dem Mann eilt ein gewisser Ruf voraus. Er soll ein führender Kopf eines weltweiten Verbrecherrings sein. Doch Ra’s begegnet Batman nicht als Gegner. Er benötigt seine Hilfe. Seine Tochter Talia wurde anscheinend von den gleichen Leuten entführt, was Grund genug für ein Bündnis der beiden verschiedenen Männer sein zu scheint. Batman geht auf die Angebot Ra’s al Ghuls ein, ist aber dennoch misstrauisch. Er spürt, dass sein Gegner nicht mit offenen Karten spielt.

Während in den 60er Jahren die Batman-Stories noch recht bunt waren, stellt sich mit The Demon Awakes bereits ein Trend ein, der für die weitere Entwicklung Batmans sehr wichtig ist. Seine Abenteuer werden erwachsener und auch wesentlich düsterer. Mit Ra’s al Ghul wurde ein Gegner kreiert, der es sowohl körperlich als auch intellektuell mit dem maskierten Detektiv aufnehmen kann. Aber al Ghul bleibt dennoch immer geheimnisvoll und hat zu dem noch einige Qualitäten, die ihn für den weiteren Verlauf der Batman-Saga prädestinieren. Dabei ist er nicht immer nur der Bösewicht, sondern wechselt geschickt die Seiten. Ein Pragmatiker, der immer bedacht ist für ihn ein perfektes Ergebnis zu bekommen. Ob dabei die Mittel immer sauber sind oder dem Dunklen Ritter in den Kram passen, sei dahingestellt. Aber die beiden Figuren verbindet auch einiges, abgesehen davon, dass ihre Charaktere sich sehr ähneln. Da ist noch Talia al Ghul, die sich in Batman verliebt und ihre Gefühle bleiben nicht unerwidert, wie sich schon in diesem ersten Auftritt des Superschurken zeigt.

Gleichzeitig fällt auch die Veränderung des grafischen Stils des Comics auf. Waren es in den 60er Jahren eher einfache Beiträge, bekommt der Leser nun etwas mehr Realismus geboten. Batman selbst ist nicht mehr so bullig wie früher, sondern wirkt mehr wie ein durchtrainierter Athlet, was er im Grunde genommen eigentlich auch ist. Die Veränderung ist Neal Adams zu verdanken, der mit dieser Änderung die Weichen für alle seiner Nachfolger stellte. Hinzu kommt noch der Fantasiereichtum von Denny O’Neil, der einen wesentlich Anteil an dem Batman hat, den man heute kennt. Er machte aus Bruce Wayne einen greifbaren Menschen, der, ähnlich vergleichbaren Figuren aus dem Hause Marvel, mit eigenen Problemen aufwartet; vor allem was den Tod seiner Eltern betrifft.

Das hier besprochene Comicbook legt die Geschichte um Ra’s al Ghul und Robins Entführung in Schwarzweißzeichnungen vor, was recht reizvoll ist. Nichts gegen farbige Comics, aber in dieser Form kommen die kraftvollen Zeichnungen von Neal Adams, Irv Novick und dem Inker Dick Giordano noch etwas besser rüber und wirken auch noch rund 40 Jahre nach ihrer Entstehung immer noch sehr kraftvoll. Die Story selbst fesselt von Anfang bis Ende, denn Denny O’Neil gelingt es den Leser mit einer guten Handlung, einigen exotischen Orten sowie einer ganzen Latte von interessanten Figuren bei Laune zu halten. Ein richtiger Comicklassiker!

Abgerundet wird der Band durch eine von Len Wein geschriebene Werwolf-Geschichte, die zwar nicht ganz so in den Rahmen zu passen scheint, aber grafisch auf jeden Fall fesselnd ist.

Übrigens ein Teil von The Demon Awakes wurde im Rahmen der Reihe F.A.Z.-Klassiker der Comicliteratur im siebten Band, der sich mit Batman beschäftigte, nachgedruckt. Ursprünglich erschien sie als Batman Superband 10 im Jahre 1979 erstmals in deutscher Sprache. Die hier besprochene englischsprachige Ausgabe stammt von Titan Books und wurde im Oktober 1989 veröffentlicht.

Batman: The Demon Awakes
von Denny O’Neil, Neal Adams, Lein Wein, Dick Giordano
erschienen bei Titan Books im Jahre 1989
ISBN: 1-85286-143-6

Mittwoch, 23. Mai 2012

Inside the Script: Ben-Hur

Inside the Script: Ben-Hur
Die Veröffentlichung von Drehbüchern zu Klassikern oder modernen Blockbustern erfreut sich unter Filmfans schon immer einer großen Beliebtheit. Gibt doch das sogenannte Shooting Script einen großen Einblick in die Entstehung eines solchen Werks. Außerdem ist so eine Veröffentlichung eine weitere Möglichkeit anspruchsvolles Merchandise an den Mann oder die Frau zu bringen.

Warner Digital Publishing wartet nun mit einer neuen Art der Vermarktung auf, denn nun hat man die interaktiven Möglichkeiten des E-Books für sich entdeckt. Mit der Reihe Inside the Script stellt man eine Reihe vor, bei der es sich nicht nur um die Veröffentlichung des Drehbuchs handelt, sondern in zahlreichen Essays wird auch die Entstehung des Films behandelt, der in dem Band enthalten ist. Gerade das sollte für Cineasten von Interesse sein. Der Testballon dafür startete Anfang Mai 2012 mit dem Start der Reihe, bei dem man vier Klassiker präsentierte: Casablanca, North by Northwest (Der unsichtbare Dritte), An American in Paris (Ein Amerikaner in Paris) und Ben-Hur (Ben Hur). Dabei versuchten die Macher alle Möglichkeiten auszunutzen, die man in dem relativ jungen Medium ausreizen kann.

Gerade mit Ben-Hur hat man einen der ganz großen Klassiker der Filmgeschichte ausgewählt, der eine beeindruckende Geschichte hinter sich hat. Er ist nur einer der drei Filme, die mit 11 Oscars bedacht wurden (die anderen beiden sind Titanic und Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs), sondern hat auch eine Entstehungsgeschichte, mit der man einen tiefen Einblick in das sterbende Studiosystem des goldenen Hollywoodzeitalters bekommt. In zahlreichen Essays wird geschildert wie sich Streifen zum letzten Rettungsstrohhalm für ein finanziell gebeuteltes Studio entwickelte. Die Filmgesellschaft MGM hatte, wie die anderen großen Majors, das Problem mit dem Fernsehen zurecht zu kommen. Die Zuschauerzahlen in den Kinos gingen zurück, weil viele einfach lieber zuhause vor dem Pantoffelkino saßen. Also begegnete man dem Konkurrenten mit neuen technischen Entwicklungen. Bei 20th Century Fox setzte man auf ein neues Breitwandformat namens Cinemascope und Stereoton. Bei Paramount Pictures wurde mit Vistavision eine technische Neuerung in die Kinos gebracht, die man heute landläufig mit der Bezeichnung HD betiteln würde. Selbst 3D wurde schon ausprobiert, doch die Rot-Grün-Brillen erwiesen sich als sehr unbequem, was zum schnellen Ende des Versuchs führte.

Bei MGM wollte man einen anderen Weg gehen. Immerhin besaß man immer noch die Rechte an einem der beliebtesten Romane der amerikanischen Literatur des 19. Jahrhunderts, der sich bereits in verschiedenen Medien bewährt hatte. Das Buch von Lewis Wallace, einem Veteran des amerikanischen Bürgerkriegs, erschien 1880. Schnell wurde es einer der ersten großen Bestseller, was findige Geschäftsleute auf den Plan brachte. Schon bald entstand ein Theaterstück, dessen Highlight schon damals das legendäre Wagenrennen war. Die Show entwickelte sich zu einem richtigen Blockbuster und das über Jahrzehnte hinweg. Als der Film dann aufkam, dauerte es auch nicht lange bis Ben-Hur auf der Leinwand erschien. Bereits 1907 entstand eine erste Verfilmung. Da man aber die Rechte an dem Stoff nicht erworben hatte, verursachte sie den ersten Copyright-Prozess in der Geschichte. Kurz nach der Entstehung des Studios MGM erschien 1925 die erste große Verfilmung des Romans in den Kinos. Obwohl die Produktion unter keinem guten Stern stand, entwickelte auch sie sich zu einem großen Hit, was wahrscheinlich auch an einer technischen Neuerung lag, die man bisher nur selten gesehen hatte. Einige Schlüsselsequenzen wurden in Farbe gedreht, im zweifarbigen Technicolor-Verfahren. Der Rest von MGM ist Geschichte. Mit Filmen wie Vom Winde verweht, Der Zauberer von Oz und vielen anderen Meisterwerken wurde es zum größten Studio in Hollywood, das die meisten Stars unter Vertrag hatte. Außerdem setzte man bei Großproduktionen einen Standard, den die Konkurrenten ebenfalls halten mussten. Doch das Aufkommen des Fernsehens Ende der 40er Jahre und einem Urteil des amerikanischen Kartellamtes war es zu verdanken, dass die großen Studios in eine finanzielle Misere schlitterten. Dem Kartellamt war es ein Dorn im Auge, dass die Filmgesellschaften ihre eigenen großen Kinoketten hatten. Also wurden sie angewiesen sich von diesen zu trennen, womit eine lukrative Einnahmequelle verschwand. Allerdings waren dies nur einige Faktoren, die bei dieser Sache mitspielten. Ein anderer wichtiger Grund waren die sich verändernden Sehgewohnheiten des Publikums. Also mussten epische Geschichten her, die die Massen wieder in die Kinos locken sollten.

Bereits Anfang der 50er Jahre hatte die Ära der biblischen Epen begonnen. Mit Quo Vadis? hatte MGM erneut einen Standard gesetzt, er mit der Einführung von Cinemascope bei Das Gewand von Fox noch übertroffen wurde. So begannen im Hintergrund die Arbeiten an einer neuen Version von Ben-Hur, die nach den damals neusten technischen Standards entstehen sollte. Als Regisseur wählte man William Wyler aus, der nicht nur mehrmals mit dem Oscar ausgezeichnet worden war, sondern auch für seine sehr persönlich erzählten Geschichten bekannt war. Witzigerweise kannte sich Wyler mit dem Stoff schon etwas aus, denn er war einer der zahlreichen Kameramänner gewesen, die beim Wagenrennen der 1925er-Verfilmung mitgewirkt hatten…

Viele weitere Fakten werden in den anderen Essays dem Leser informativ nähergebracht. So wird das Team vor und hinter der Kamera näher beleuchtet, die Darsteller werden vorgestellt und auch über die Dreharbeiten wird intensiv berichtet. Interessant ist auch die Definition, was einen epischen Film ausmacht, wobei Vergleiche zu ähnlichen modernen Großprojekten herangeführt werden wie beispielsweise James Camerons Avatar oder Ridley Scotts Gladiator. Als Fazit muss man feststellen: Es hat sich bei Großproduktionen in den ganzen Jahrzehnten nur wenig geändert. Klar, die filmische Technik wurde verbessert, aber gerade bei den essentiellen Elementen, wie dem Drehbuch, zeigen sich erschreckende Parallelen. So entstand das eigentliche Shooting Script eigentlich während der Dreharbeiten von Ben-Hur. Das ursprüngliche Script von Karl Tunberg erwies als relativ starr. Also arbeiteten die Autoren Gore Vidal und Christopher Fry zusammen mit William Wyler Tag und Nacht an dem Buch. Ähnlich lief es auch bei Ridley Scotts Gladiator, bei dem die Dreharbeiten auch begannen bevor das Drehbuch in seinen Feinheiten bestand.

Auch wenn das Thema sehr trocken erscheint, vermögen es die verschiedenen Autoren von Warner Bros. Digital Publishing, die leider nicht angegeben werden, dieses informativ und kurzweilig zu verpacken. Dabei konnten sie auf das umfangreiche Archiv von Warner Brothers und MGM zurückgreifen sowie auf das Tagebuch von Charlton Heston, das während der Dreharbeiten entstand und in Auszügen mit Kommentaren von Fraser C. Heston wiedergegeben wird. Hinzu kommen noch über 140 Fotos, die in hoher Auflösung vorliegen.

Die verschiedenen Essays und das komplette Drehbuch ergeben eine Einheit, wie man sie sich als Filmfan eigentlich nicht besser erhoffen kann. Es wird ein tiefer Einblick in die Entstehung eines der größten Meisterwerke des Kinos gegeben, wobei einige sehr interessante Tatsachen zu Tage treten, die nicht unbedingt etwas mit dem Film zu tun haben. Die Texte selbst sind knackig gehalten, bieten sehr viele Informationen, sind aber keine Sekunde trocken oder belehrend. Auflockerung bringen dabei auch einige lustige Fakten, wie beispielsweise die Verpflichtung von Leslie Nielsen (Die nackte Kanone) als Messala, wenn auch nur für einige Probeaufnahmen. Einziger Wermutstropfen ist, dass es die Reihe Inside the Script derzeit nur in englischer Sprache und exklusiv als E-Book vor. Das E-Book-Format ist auf der anderen Seite auch der große Vorteil, denn es werden alle Möglichkeiten des Mediums ausgenutzt, was auf jeden Fall beeindruckend ist. Ein weiterer Vorteil ist auch der Preis, denn das rund 800 Seiten starke Buch ist für weit unter 10 Euro zu haben.

Inside the Script: Ben-Hur bietet für den geneigten Leser kurzweilige Informationen in sehr hoher Qualität und ist die perfekte Ergänzung zu den bereits erschienen DVD- und Blu-ray-Editionen des Films.

Ben-Hur: Inside the Script
von Jeremy Ross (Hrsg.)
erschienen bei Warner Bros. Digital Publishing im Mai 2012
ISBN (iBook-Edition): 978-1-61408-004-6

Dienstag, 22. Mai 2012

Ein Bär will nach oben von William Kotzwinkle

Ein Bär will nach oben von William Kotzwinkle
Eigentlich hat der Literaturprofessor Arthur Bramhall sich ein Jahr von deiner Lehrtätigkeit an einer Universität an der amerikanischen Ostküste von seiner Lehrtätigkeit entbinden lassen, weil er nicht nur einen Hang zur Depression hat, sondern auch einen Roman schreiben wollte. Doch unglücklicherweise brennt kurz nach der Fertigstellung des Manuskripts sein Haus ab, wobei dieses ein Raub der Flammen wird. Er entzieht sich also der Zivilisation, um in einer abgeschiedenen Hütte sein Werk erneut zu Papier zu bringen. Aber ist das fertige Manuskript nun sicher? Bramhall entscheidet sich es in einem hohlen Baum unweit seiner Blockhütte zu verstecken. Nur um sicherzugehen, dass diesmal kein Feuer seinen Roman verzehrt.

Der Schriftsteller wird dabei von einem Bären aufmerksam beobachtet. Kaum ist der Mensch weg, da entschließt der Bär sich dem Manuskript anzunehmen. Er hat nämlich einen ganz besonderen Wunsche: Er möchte ein Mensch sein. So liest er den Roman und entschließt sich daraufhin in die Stadt zu gehen. Mit der Aktentasche des Professors zwischen den Zähnen macht sich der Bär auf, um in New York den Literaturbetrieb auf den Kopf zu stellen. Hal Jam, wie er sich nun nennt, zwängt sich in einen Anzug, um das süße Leben eines erfolgreichen Literaten im amerikanischen Medienrummel zu erleben…

In Deutschland ist William Kotzwinkle vor allem durch seine Romanadaption von Steven Spielbergs E.T. – Der Außerirdische bekannt geworden. Allerdings ist er in fast jedem literarischen Genre zuhause und hat nicht nur im phantastischen Bereich einige bemerkenswerte Romane veröffentlicht. Die Fabel des Bären, der in Welt zieht um ein Mensch zu werden, ist eine genial pointierte Satire auf den amerikanischen Medienbetrieb im Allgemeinen und im Besonderen. So reicht es bereits, dass sich Hal Jam in einen zu kleinen Anzug quetscht, um mit seinem gestohlenen Manuskript bei diversen Agenten Eindruck zu schinden. Dabei schert sich keiner darum, ob er es selbst geschrieben hat oder nicht. Aber nicht nur die Agenten liegen ihm zu Füßen, sondern auch die menschlichen Frauen, die Hal ebenfalls zu schätzen lernt. Dabei vollzieht sich in ihm eine Wandlung vom wilden Tier zum menschlichen Wesen mit all seinen Schwächen.

Im Gegenzug verwandelt sich der eigentliche Autor des Manuskripts durch seine depressive, zurückgezogene Art immer mehr in einen Bären. Auf dem Höhepunkt begibt sich Arthur Bramhall für einige Zeit in einen Winterschlaf, damit er sich über einige Dinge klarwerden kann.

William Kotzwinkles Buch wirkt oft etwas episodenhaft. Aber genau das macht den Reiz von Ein Bär will nach oben aus. Nicht selten muten die verschiedenen Kapitel wie eine Sammlung von kleinen Kurzgeschichten an, in denen es von skurrilen Figuren nur so wimmelt. Sei es nun eine Situation in der Hal Jam einer singenden Gang aus dem schwarzen Ghetto zu einem Plattenvertrag verhilft oder der Hund eines Freundes von Arthur Bramhall, dessen Gedanken sich den ganzen Tag nur um Knackwürste befassen.  Als der Professor verzweifelt nach dem Stoff zu einem neuen Roman sucht, wird von dem Besitzer des Hundes zu einigen von den schrägsten Typen geschleppt, die die Umgebung zu bieten hat. Sehr witzig ist auch die Szene an einem Busbahnhof, wo Hal Jam  auf eine Gruppe von Skinheads trifft, die ihn aufmischen wollen. Angeführt werden sie von einem Typen Namens Heimlich, der den Namen angenommen hat, weil er so seine Anerkennung für den Chef der SS würdigen wollte. Dabei hat er in seinem Nichtwissen den Namen von Himmler mit dem des Erfinders des Heimlich-Manövers verwechselt, also dem kompletten Gegenteil. Bei allen Szenen und Geschichten brilliert der Autor dabei mit unterhaltsamen Sarkasmus und einer gehörigen Portion Ironie, was den Leser mehr als einmal schmunzeln lässt.

Ein Bär will nach oben ist ein sehr unterhaltsamer Roman, der sich von dem gewöhnlichen Mainstream deutlich abhebt. Ein richtiger Geheimtipp für alle Leseratte und für die, die es noch werden wollen.

Ein Bär will nach oben
von William Kotzwinkle
Übersetzung: Hans Pfitzinger
erschienen bei Rowohlt Taschenbuch im Dezember 1998
ISBN: 978-3-499-13895-6

Montag, 21. Mai 2012

Die Rückkehr von Captain Future von Edmond Hamilton

Die Rückkehr von Captain Future von Edmond Hamilton
Für viele Fans war die Anfang der 1980er Jahre ausgestrahlte Animeserie der erste Kontakt mit der Science Fiction, die einfach Lust auf mehr gemacht hat; die Rede ist von Captain Future. Kaum einer wusste allerdings damals, dass hinter der vom ZDF übelst geschnittenen TV-Serie eine ganze Reihe von Romanen steht, die aus der Feder von Edmond Hamilton stammt, einem der Väter der Space Opera.

Die Abenteuer von Curtis Newton , dem Roboter Grag, dem Androiden Otho und dem lebenden Gehirn Simon Wright waren im Prinzip im deutschen Sprachraum aber schon vor der Ausstrahlung der Serie präsent, wenn auch unter dem Namen Captain Zukunft. Einige der 27 Fortsetzungen war in den fünfziger und sechziger Jahren in oft grausig gekürztem Zustand in Serien wie Utopia oder Terra erschienen. Erst der immense Erfolg der Serie machte die Reihe auch für den deutschen Buchmarkt interessant. Insgesamt 16 Abenteuer erschienen ebenfalls Anfang der 80er Jahre bei Bastei-Lübbe, wobei man sich bemühte die ungekürzten Romane von Hamilton so gut wie möglich umzusetzen. Neben zahlreichen neuen Übersetzungen der alten Romane, erschienen auch einige deutsche Erstveröffentlichungen, um die Kontinuität der Serie zu wahren. 1984 wurde die Reihe mit dem 16. Band, Stern des Grauens, beendet, da die Verkaufszahlen den Verlag nicht mehr zufriedenstellte. Dies war bedauerlich, weil noch einige Abenteuer, die Hamilton im Anschluss geschrieben hatte, nicht mehr erscheinen konnten.

Erst fast 30 Jahre nach dem Ende der Bastei-Lübbe-Reihe legte im Jahr 2010 der Golkonda Verlag mit Die Rückkehr des Captain Future den ersten Band mit vier neuen Geschichten um den Hexenmeister der Wissenschaften vor. Dabei handelt es sich genau um jene, die direkt an Stern des Grauens anschließen. Getreu der Vorlage übersetzt und in einer sehr liebevoll gestalteten Ausgabe zusammengefasst, kann sich der Leser erneut in die bunte Welt von Edmond Hamilton versinken lassen, um an der Seite der Futuremen neuen Abenteuer zu erleben.

Das besondere an allen Geschichten um Captain Future ist die Vielfalt der Phantasie, die Edmond Hamilton an den Tag legt. Sein Universum strotzt nur so von Leben, bunten Welten und jeder Menge Schurken, von denen einige zurückblickend oft etwas eindimensional wirken. Doch lässt mach sich auf die relativ einfach gestrickten Abenteuer ein, dann bekommt man als Leser zu spüren, welche Faszination die Futuremen nach wie vor ausüben. Klar, Curtis Newton und seine Leute entkommen auch den haarigsten Situationen um Haaresbreite, aber genau das macht den Reiz dieser Romane auch aus. Auffallend ist dabei wie sehr der Autor von Edgar Rice Burroughs beeinflusst wurde, wobei bis heute auch der Einfluss Hamiltons auf nachfolgende Romane und Serien zu spüren ist. Tatsächlich kann man Captain Future durchaus auch als eines Vorbilder für die Perry Rhodan-Serie sehen, in dem in den frühen Romanen ähnliche dramaturgische Elemente zu finden sind.

Die vier in dem Buch enthaltenen Geschichten erschienen zwischen Januar und November 1950 in dem US-Magazin Startling Stories. Dazwischen lag eine längere Pause, die Hamilton dramaturgisch durch eine Expedition der Futuremen nach Andromeda erklärt, um den Ursprung der Menschheit zu klären. Ein Thema, das bereits in der alten Taschenbuchausgabe angesprochen, aber nicht beendet wurde. Drei Jahre war der Hexenmeister der Wissenschaft verschollen, wurde sogar für tot gehalten. Doch er ist ganz leise zurückgekehrt, weil er einen alten Feind der Urrasse im Gepäck hat, den er versehentlich aus seiner Stasis erweckt. Nach diesem etwas behäbigen Auftakt beweist Hamilton im Verlauf der drei weiteren Geschichten wieder seinen Ideenreichtum. So lässt er Lebewesen in der Sonne auftauchen, gibt Simon Wright die Möglichkeit nochmal einen Körper zu haben oder erzählt ein Abenteuer komplett aus der Sicht von Grag, dem Roboter. Allerdings sollte man sich vor Augen halten, dass es sich hier nicht um einzelne Romane handelt, sondern um vier längere Kurzgeschichten, die lose die Handlung der vorangegangenen Serie aufgreifen.

Spaß zu lesen macht Die Rückkehr von Captain Future auf jeden Fall, auch weil das Buch für den Fan noch einiges zu bieten hat. So findet man im Anhang nicht nur die Angaben zu den originalen Erscheinungsdaten der Geschichten, sondern auch ein Nachwort von Hardy Kettlitz, in dem kurz auf das Leben und Werk von Edmond Hamilton eingegangen wird. Leider ist dieses, wahrscheinlich auch wegen Platzgründen, etwas oberflächlich geworden, da nur auf einige Werke kurz eingegangen ist. Die Schaffensphase Hamiltons als Comicautor (er schrieb einige Zeit für Superman) wird komplett außen vor gelassen. Wer aber mehr über den Autor erfahren will, der sollte zu dem Buch Edmond Hamilton - Autor von Captain Future von Kettlitz greifen, das im Shayol Verlag erschienen ist. Interessanterweise nun auch in einer Neuausgabe, die passend zu den Veröffentlichungen aus dem Golkonda Verlag gestaltet wurde.

Die Rückkehr von Captain Future ist ein unbeschwertes Lesevergnügen nicht nur für Fans, sondern bietet auch für den normalen Konsumenten ein Stück klassischer Space Opera, deren Ideenreichtum so manchem anderen Genreprodukt von heute ebenfalls gut stehen würde. Auch wenn der Erzählstil vielleicht aus heutiger Sicht antiquiert wirkt, vor allem was die Technik betrifft, die im Gegensatz zu heutiger Space Opera eher als Low Tech bezeichnet werden kann. Reizvoll sind die vier Geschichten allemal, nicht nur aus literaturhistorischer Sicht. Pures Lesevergnügen mit einem gehörigen Schuss Sense of Wonder.

Nachbemerkung: Die Rückkehr von Captain Future ist der erste Band mit insgesamt sieben Kurzgeschichten um Captain Future aus der Feder Edmond Hamiltons. Der zweite Band, Der Tod von Captain Future, enthält zusätzlich noch die gleichnamige Novelle von Allen Steele.

Die Rückkehr von Captain Future
von Edmond Hamilton
Übersetzung: Frauke Lengermann
erschienen im Golkonda Verlag im Jahr 2011
ISBN: 978-3-942396-04-2