Prequels und Reboots – Das sind die
Schlagworte der Stunde; oder vielleicht doch nicht?
Anscheinend schon, denn Filme wie Casino
Royale, Batman Begins, X-Men: Erste Entscheidung und Star Trek-Film (2009) zeigen, dass es durchaus möglich ist, einem alten Rennpferd noch
einmal Leben einzuhauchen. Aber auch im literarischen Bereich zeigt sich
ebenfalls dieser Trend, seien es nun die Fortsetzungen von Dracula, Vom Winde
verweht oder anderer Klassiker der Literatur. So neu ist die Idee alles auf neu
zu setzen und bekanntes neu zu starten nicht. Gerade bei Comics wird dies schon
seit vielen Jahrzehnten praktiziert, wie der im September 2011 gestartete
Reboot des DC-Universums es wieder gezeigt hat.
Nun hat es auch Perry Rhodan erwischt.
Nachdem sich in den letzten Jahren die Neuauflage ausgesuchter Perry Rhodan
Planetenromane als Taschenhefte bewährt und ebenfalls ihr Publikum gefunden
haben, setzte man bei dem neusten Ableger im Perryversum auf das gleiche
Format. Kein Wunder, denn bedingt durch die höhere Seitenzahl haben die Autoren
auch einen größeren Spielraum was die Entfaltung der Handlung angeht. So wird
in Perry Rhodan Neo die alte Geschichte vom Beginn der größten Science
Fiction-Serie der Welt nun neu aufgerollt, wobei man die Handlung etwas
modernisierte und auch ein paar neue Ideen mit einbringt. Eine Tatsache, die so
manchem alten PR-Fan nicht ganz geheuer ist.
Man schreibt das Jahr 2036. Die Erde ist
nicht nur geschüttelt von Klima- und Umweltkatastrophen, auch das Machtgefüge
der Großmächte hat sich deutlich verschoben. Während die USA immer noch glaubt
die Vormacht zu haben, streben China und das wieder erstarkte Russland
ebenfalls diesen Status an. Wieder herrscht ein Kalter Krieg, der sehr schnell
heiß werden kann. Vor diesem Hintergrund verlieren die Amerikaner den Kontakt
zu ihrer Mondstation, die sie sich trotz aller Widrigkeiten noch leisten
können. NASA-Flight Director Lesley Pounder setzt durch, dass eine Expedition ausgerüstet
wird, die auf dem Erdtrabanten nach dem Rechten schauen soll. So setzt er seine
besten vier Astronauten in eine ungetestete Rakete, deren aufgesetzten Shuttle
ebenfalls frisch vom Reißbrett kommt. Erst kurz vor dem Start weiht Pounder
Perry Rhodan, Reginald Bull, Clark Flipper und Dr. Eric Manoli darin ein, warum
sie eigentlich zum Mond fliegen. Das letzte Foto der Mondstation zeigt eine
riesige Kugel mit einem Äquatorwulst, die eines der Mondgebirge durchschlagen
hat, wobei sie scheinbar unbeschadet geblieben ist.
Unter dem Publikum in der Nähe des
Startplatzes Nevada Fields befindet sich auch der ehemalige Investmentbanker
John Marshall, der sich mit dem von ihm geschaffenen Jugendheim mehr schlecht
als recht durchs Leben schlägt. Zusammen mit Sid Gonzáles, einem Jungen aus dem
Shelter, will er dem Start der STARDUST bewohnen. Sid ist absolut
weltraumsüchtig. Während des Starts regt er sich so darüber auf, dass er vor
den Augen Marshalls verschwindet. Mehr noch, denn der Betreiber des Shelters
findet sich mit einem Mal in großer Höhe über einem Canyon wieder, in den er
abzustürzen droht…
Schon auf den ersten Seiten von Sternenstaub
fällt auf, wie gut Frank Borsch, der gleichzeitig auch die Exposés für Perry Rhodan
Neo liefert, seine Hausaufgaben gemacht hat. Sein Roman beinhaltet alle
Grundelemente, die bereits den vergleichbaren Roman von K. H. Scheer lesenswert
gemacht hat. Aber er vermag es auch seine eigenen Vorstellungen zu
verwirklichen. Das bemerkt man vor allem an dem Auftreten von verschiedenen
Figuren deren Name noch gleich ist, aber die eine ganz andere Rolle spielen. So
ist beispielsweise Allan D. Mercant nicht mehr der Chef den NATO-Geheimdiensts,
sondern ein Mitarbeiter von Homeland Security, einer Agentur, die nun eine ganz
andere Bedeutung bekommen hat. Homer G. Adams ist nach Gründung der GCC der
reichste Mann der Welt geworden, der sich auf der Suche nach Menschen mit
besonderen Fähigkeiten befindet. Dies führt dann auch zu einem der faszinierendste
Aspekte von Perry Rhodan Neo: die frühe Einbeziehung der Mutanten.
Vertraut, aber dennoch in eine etwas andere
Richtung gehend, ist die Schilderung der Arkoniden. Sicher, sie liegen immer
noch vor ihren Fiktivbildschirmen und Thora erweist sich wieder als sehr
abweisend und arrogant. Aber es wird auch ein etwas helleres Licht auf das
Verhältnis zwischen Crest und Thora geworfen, die nun das Protegé des
arkonidischen Wissenschaftlers ist. Es mutet mehr wie Vater und Tochter an,
wobei die Tochter alles tun würde, um den schwerkranken Crest zu unterstützen.
Auch wenn sie anfangs unwillig ist dem Barbaren Rhodan ihre Hilfe zukommen zu
lassen, so ist es der Zustand des Arkoniden, der sie dazu veranlasst ihre
Position zu überdenken.
Frank Borsch hat die Chance genutzt, um Perry
Rhodan Neo ein neues Gesicht zu geben. Er hat die klassischen PR-Momente
erhalten, aber er hat sie auch etwas raffiniert und mit neuen Ideen verbunden,
die aus der jetzigen Sicht etwas zeitgemäßer erscheinen. Ähnlich wie bei den
Originalromanen von Karl-Herbert Scheer und Walter Ernsting darf man allerdings
nicht vergessen, dass auch Sternenstaub ein Kind seiner Zeit ist. Nur
erscheinen uns einige Hintergrundaspekte nun zeitgemäßer als 1961.
Auch wenn viele Fans, die vor dem Start von Perry
Rhodan Neo, der neuen Serie sehr kritisch gegenüber standen, bekommt man mit Sternenstaub einen soliden Einstiegsroman geboten, dessen Grundgerüst genug
Potential für einen etwas anderen Verlauf der altbekannten Handlung hergibt.
Altfans kommen auf ihre Kosten, weil viele der legendären Elemente enthalten
sind; neue Fans können sich auf eine knackig-frische Annährung an eine
Geschichte freuen, die auch nach über 50 Jahren nichts von ihrer Faszination
verloren hat. Vor allem gibt man aber auch Lesern, die mal in PR reinschnuppern
möchten, eine Möglichkeit zu einem erleichternden Einstieg ins Perryversum.
Ohne einer Übermacht von mehr als 2600 Romanen gegenüberzustehen. Sternenstaub
ist solide Romanunterhaltung, die auf jeden Fall viel Raum für einen weiteren
Ausbau der Handlung bietet. Sehr empfehlenswert.
Anmerkung: Neben der regulären Kioskausgabe
von Sternenstaub gibt es auch noch eine exklusive Version, die nur auf dem
Perry Rhodan Weltcon in Mannheim, der Ende September 2011 stattfand, verteilt
wurde. Diese enthält zusätzlich noch einen Mittelteil mit handlungsbezogenen
Zeichnungen aus der Feder der Berliner Künstlerin Marie Sann.
Perry Rhodan Neo, Band 1:
Sternenstaub
von Frank Borsch
erschienen bei der Pabel-Moewig Verlag
Gmbh im September 2011
Umfang: ca. 160 Seiten.
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